Ex-Glaubenspräfekt hatte umstrittenen Aufruf zur Corona-Pandemie unterzeichnet

ZdK-Präsident Sternberg: Habe Mitleid mit Kardinal Müller

Veröffentlicht am 11.05.2020 um 19:07 Uhr – Lesedauer: 
ZdK-Präsident Sternberg: Habe Mitleid mit Kardinal Müller
Bild: © KNA

Bonn ‐ Nach einigen Bischöfen kritisiert nun auch ZdK-Präsident Thomas Sternberg das Viganò-Papier zur Corona-Krise und dessen Unterzeichner: Er könne nicht verstehen, was Kardinal Müller dazu bringe, "auf seine alten Tage seinen gesamten Ruf zu ruinieren".

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Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, hat laut eigenem Bekunden "Mitleid" mit Kardinal Gerhard Ludwig Müller. "Was in aller Welt bringt einen Menschen, der doch mal ein durchaus angesehener Professor in München war und ein wichtiger Bischof für Regensburg, ein bedeutender Kirchenmann, dazu, auf seine alten Tage seinen gesamten Ruf zu ruinieren, indem er so etwas unterschreibt?", sagte Sternberg am Montag in einem Interview auf domradio.de.

Müller gehört zu den Unterzeichnern eines Papiers, dass vor angeblichen Folgen der Corona-Pandemie warnt. Demnach dient die Krankheit als Vorwand, eine Weltregierung zu schaffen, "die sich jeder Kontrolle entzieht". So ernst der Kampf gegen Covid-19 sein möge, dürfe er nicht "als Vorwand zur Unterstützung unklarer Absichten supranationaler Einheiten dienen, die sehr starke politische und wirtschaftliche Interessen verfolgen". Als Initiator der Erklärung gilt der italienische Erzbischof Carlo Maria Vigano; neben Müller gehört Kardinal Joseph Zen Ze-kiun aus Hongkong zu den prominenten Unterzeichnern. Alle drei haben kein kirchliches Amt mehr inne. Nach wachsender Kritik verteidigte Müller am Wochenende seine Unterschrift. Interessierte kirchliche Kreise hätten das Papier benutzt, "um daraus Empörungskapital gegen ihre vermeintlichen Gegner zu schlagen", so der Kardinal.

Kritik an Aufruf aus deutschem Episkopat

Mehrere deutsche Bischöfe hatten teils scharfe Kritik an dem Papier geäußert. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, erklärte, man kommentiere grundsätzlich keine Aufrufe einzelner Bischöfe außerhalb Deutschlands: Allerdings unterscheide sich die Bewertung der Corona-Pandemie durch die Deutsche Bischofskonferenz "grundlegend" von dem Aufruf. Der Rottenburg-Stuttgarter Bischof Gebhard Fürst schrieb am Montag auf Twitter: "Wer die Bemühungen der Politik, Menschenleben vor dem Coronavirus zu schützen, in eine dubiose Weltverschwörung umdeutet, spielt mit dem Feuer!" Auch der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer distanzierte sich von dem Aufruf und "macht sich die Worte des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, ausdrücklich zu eigen", wie das Bistum Regensburg am Montag mitteilte.

In dem Papier sei die Rede von einer "verabscheuungswürdigen technokratischen Tyrannei" und einem Plan, "mit dem die Mächtigen der Welt uns beugen wollen", sagte Sternberg. "Sind plötzlich die ganzen Herren, Putin, Trump, der chinesische Präsident, die europäischen Mächte, sind die alle eine einzige verschworene Truppe? Das wäre mir völlig neu", so der ZdK-Präsident.

"Ich glaube nicht, dass ein Christ, eine Christin, ein gläubiger Mensch solche Fantasien, solche Verschwörungstheorien braucht, weil er weiß, dass das Handeln Gottes ja letztlich immer unerforschlich ist und dass wir vor Unerklärbarem stehen." Er habe stattdessen die Hoffnung, das man auf die Pandemie angemessen reagiere, betonte Sternberg. (mal/KNA)