Das Kreuz droht zur Hypothek für das Berliner Stadtschloss zu werden
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An diesem Freitag soll – sofern es die Windverhältnisse zulassen – das Kuppelkreuz auf das Berliner Stadtschloss aufgesetzt werden. Eigentlich könnte dies ein Grund zur Freude sein, schließlich zeigt die Aktion, dass der Wiederaufbau des Schlosses kurz vor der Vollendung steht. Doch von Freude keine Spur: Nicht nur, dass die geplante Eröffnung des Humboldt Forums im Inneren des Schlosses vor wenigen Wochen zum zweiten Mal verschoben werden musste – diesmal wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie. Auch das Kreuz auf der Kuppel sorgt kurz vor seiner Errichtung erneut für Streit.
Schon vor drei Jahren hatte es eine hitzige Debatte um das christliche Symbol auf dem auch für den interkulturellen und interreligiösen Dialog vorgesehenen Gebäude gegeben. Diese Diskussion, die für das inhaltliche Profil des künftigen Museumskomplexes durchaus fruchtbar hätte sein können, wurde damals durch ein Votum der Bauherren abrupt beendet – gelöst wurde der Konflikt dadurch aber nicht. Das rächt sich nun.
Auch wenn ich eher dem Lager der Kreuz-Befürworter auf der Kuppel zuneige – die Argumente der Gegner sind durchaus bedenkenswert und manches Argument der Befürworter wenig stichhaltig. Diese haben etwa wiederholt betont, dass zu einer vollständigen Rekonstruktion der ehemaligen Hohenzollern-Residenz eben auch das Kreuz auf der Kuppel gehöre. Allerdings: Es handelt sich ja gar nicht um eine vollständige Rekonstruktion des alten Bauwerks – der moderne und viel kritisierte Ostflügel des Gebäudes zeigt das überdeutlich. Ein Problem bleibt zudem: Im Humboldt Forum soll künftig vor allem außereuropäische Kunst präsentiert werden – unter anderem aus Afrika und Amerika. Gerade auf diesen beiden Kontinenten wurde unter dem Deckmantel des christlichen Kreuzes viel Unheil angerichtet.
Ernsthaft eingegangen wurde auf diese Bedenken kaum, die Diskussion um das christliche Symbol auf dem Stadtschloss wurde von Seiten der Verantwortlichen des Humboldt Forums lange schlecht gemanagt. Immerhin: Seit wenigen Tagen präsentiert das Forum auf seiner Internetseite ein ganzes Dossier zum Thema, darin gleichberechtigt vertreten die Stimmen von Befürwortern und Gegnern des Kreuzes. Vielleicht kann die bislang versäumte Debatte also doch noch geführt werden. Notwendig wäre es – denn sonst bleibt der Kreuz-Konflikt eine schwere Hypothek für das Humboldt Forum.