Sternberg verteidigt Nicht-Einladung der Partei zu Kirchentag

ZdK-Präsident nach AfD-Kritik: Auch Nazis waren demokratisch gewählt

Veröffentlicht am 05.06.2020 um 13:30 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ Die AfD hatte ihre Nicht-Einladung zum Ökumenischen Kirchentag 2021 scharf kritisiert. ZdK-Präsident Thomas Sternberg verteidigt nun diese Entscheidung – und wirft der Partei Kirchenfeindlichkeit vor.

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Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) verteidigt die Nicht-Einladung der AfD zum Ökumenischen Kirchentag (ÖKT). Die Grenze bei den Auftritten auf den Podien werde nach einem Vorstandsbeschluss da gezogen, "wo Personen oder Parteien rassistische, antisemitische Überzeugungen und eine gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit äußern", sagte Präsident Thomas Sternberg am Freitag dem kirchlichen Kölner Internetportal "domradio.de". Zur Frage, ob eine demokratisch gewählte Partei ausgeschlossen werden könne, sagte Sternberg: "Auch die Nationalsozialisten waren 1930 durchaus eine demokratisch gewählte Partei."

Sternberg verwies auf das Buch "Wie Demokratien sterben" der amerikanischen Politikwissenschaftler Steven Levitsky und Daniel Ziblatt, wonach Demokratien meistens nicht mit einem Knall oder einem großen Ereignis untergehen, sondern schleichend durch das Ausnutzen von demokratischen Prozessen. Wenn eine Partei Positionen durchsetzen wolle, die sich mit der Demokratie nicht vertragen, dann stelle sich die Frage, ob man deren Vertreter beim Ökumenischen Kirchentag "ein Mikrofon in die Hand drücken will". Der 3. Ökumenische Kirchentag soll Mitte Mai 2021 in Frankfurt stattfinden.

Sternberg: AfD ist kirchenfeindlich

Sternberg warf der AfD Kirchenfeindlichkeit vor und verwies auf einen Antrag der Partei im Bundestag, die Staatsleistungen abzulösen. Die Kirchen selber strebten dieses Ziel an, so der ZdK-Präsident. Aber die AfD habe einen Antrag vorgelegt, "in dem alles das an kirchenfeindlichem Zeug geäußert wird, was jemals in dieser Sache geäußert worden ist". Staatsleistungen sind direkte Zuwendungen aus Steuermitteln. Dabei handelt es sich um historisch begründete Zahlungen der Bundesländer, die auf der Enteignung kirchlicher Güter zu Beginn des 19. Jahrhunderts basieren.

Sternberg wies auch die Kritik der AfD zurück, dass der ÖKT Politiker von Parteien eingeladen habe, die für die Tötung Ungeborener oder die Relativierung von Ehe und Familie einträten. Selbstverständlich würden auf dem ÖKT Positionen geäußert, "mit denen nicht alle einverstanden sind". Aber hier gehe es darum, ob eine ganze Partei wie die AfD antisemitisch, rassistisch, fremdenfeindlich und nicht zuletzt auch nationalistisch auftrete.

Laut Sternberg gehen die Veranstalter derzeit davon aus, dass der Kirchentag trotz Corona-Krise stattfinden kann. Im Herbst würden aber weitere Entscheidungen getroffen, wenn Raumabsprachen und Verträge anstünden. "Ein Kirchentag rein als virtuelles Ereignis - das können wir uns zumindest zurzeit nicht vorstellen", betonte der ZdK-Präsident.

Die AfD hatte die Entscheidung der Veranstalter des ÖKT, keine Mitglieder ihrer Partei auf die Podien einladen wollen, scharf kritisiert. Die Kirchentage seien "zu rot-grünen Politiker- und Funktionärstreffen verkommen", sagte der Vorsitzende der "Christen in der AfD", Joachim Kuhs, am Donnerstag in Berlin. Wer wissen wolle, "warum den deutschen Amtskirchen die Mitglieder in Scharen davonlaufen", der brauche sich nur die Kirchentagsprogramme anzuschauen: "Der Heilige Geist und die meisten Gläubigen haben sich von diesen Veranstaltungen längst verabschiedet", so Kuhs. Der kirchenpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Volker Münz, ergänzte, er verwahre sich "gegen die Unterstellung, dass die AfD von einer gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit oder von einer ideologischen Distanz zur freiheitlich-demokratischen Rechtsordnung geprägt sei". (tmg/KNA)