Bischof Neymeyr: Werde am Erfurter Priesterseminar festhalten
Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr wendet sich gegen den Vorschlag einer Priesterausbildung an deutlich weniger Standorten in Deutschland. Er sei "sehr enttäuscht", dass Erfurt als einziger Ort der Priesterausbildung in den neuen Bundesländern in der Empfehlung einer bischöflichen Arbeitsgruppe nicht berücksichtigt worden sei, erklärte Neymeyr am Mittwoch auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Die Ausbildung in Thüringens Landeshauptstadt stehe "wie keine andere unter dem Zeichen der kirchlichen Präsenz in einem säkularen gesellschaftlichen Umfeld". Diese Perspektive sei für Priester notwendiger denn je. Er werde sich dafür einsetzen, dass es in der Mitte Deutschlands auch weiter einen Schwerpunkt der Priesterausbildung geben werde, kündigte der Bischof an. Die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Erfurt biete eine exzellente theologische Ausbildung und sei national und international bestens vernetzt, brachte Neymeyr vor. Studierende aus ganz Deutschland schätzten die zentrale Lage der Stadt und die hervorragenden Bedingungen.
Unabhängig von den Überlegungen der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) werde er am Erfurter Priesterseminar festhalten, weil ihn das Ausbildungskonzept überzeuge, so Neymeyr. Dort lebe zur Zeit eine kleine Gruppe von Priesteramtskandidaten zusammen mit einer Gruppe junger Menschen, die verschiedene Fächer studieren. Die Priesteramtskandidaten wohnten, beteten und studierten gemeinsam, begegneten aber auch den anderen Studierenden im Haus bei Gesprächen, Gottesdiensten und Mahlzeiten. Beide Gruppen bereicherten sich gegenseitig. Dieses Konzept sei auch mit einer kleinen Gruppe von Priesteramtskandidaten gut zu verwirklichen. "Daher steht der Fortbestand des Erfurter Priesterseminars zur Zeit nicht in Frage", so Neymeyr.
Feige: Erfurt zu übergehen ist schlechtes Signal an Ostdeutsche
Auch der Magdeburger Bischof Gerhard Feige spricht sich dagegen aus, Erfurt und damit Ostdeutschland als Ausbildungsstandort außen vor zu lassen. "Erfurt als ehemaliges Zentrum der Priesterausbildung für die gesamte DDR und als auch heute kompetente katholische Forschungs- und Ausbildungsstätte völlig zu übergehen, erscheint mir und anderen Katholiken im Osten Deutschlands 30 Jahre nach der Wiedervereinigung als kein ermutigendes und solidarisches Signal", sagte Feige am Mittwoch laut Pressemitteilung des Bistums. Deshalb solle noch einmal gut überlegt werden, auf welche Weise die katholische Kirche in Deutschland auch den Osten konstruktiv in die Priesterausbildung einbeziehen könne.
"Zweifellos sind wir hier nur wenige Katholiken, und die Zahl der Priesterberufungen ist auch dramatisch zurückgegangen", so Feige weiter mit Blick auf Ostdeutschland. Die dortige Gesellschaft sei zwar "religionsresistent", aber durchaus ansprechbar. "Gerade in einer solchen Situation aber könnte man sich hautnah mit Entwicklungen auseinandersetzen, die der katholischen Kirche in anderen Regionen Deutschlands in dieser Radikalität so wohl noch nicht beschieden sind", betont der Magdeburger Bischof. Das wäre vor allem für die Priesteramtskandidaten hilfreich, die noch keine Vorstellung davon hätten, was es bedeute, "in nicht so üppigen Verhältnissen wie in mancher noch volkskirchlich geprägten Region dennoch lebendig Kirche zu sein und die christliche Botschaft möglichst verständlich anderen nahe zu bringen".
Eine Arbeitsgruppe der Bischofskonferenz hatte am Dienstag vorgeschlagen, angesichts einer anhaltend geringen Zahl von Kandidaten für das Priesteramt die Ausbildung auf wenige Standorte zu konzentrieren. Die Phase vor dem Studium soll in Freiburg und Bamberg stattfinden, das Studium in München, Münster und Mainz. Für die dritte Phase, die Ausbildung im Pastoralkurs, schlägt die Gruppe "Paderborn in Kooperation mit Erfurt, Rottenburg-Stuttgart und einen durch die Freisinger Bischofskonferenz für Bayern festzulegenden Standort" vor.
Theologen-Kritik: Pläne nicht mit uns abgestimmt
Am Mittwoch hatte es von verschiedenen Seiten bereits teils scharfe Kritik an den Plänen gegeben. Wissenschaftlich-theologische Zusammenschlüsse kritisierten nun, dass die DBK ihre Pläne zur Umgestaltung der Priesterausbildung nicht mit ihnen abgestimmt habe. Jetzt gebe es Spekulationen über die Zukunft der Fakultäten, bemängelten Sprecher des Katholisch-Theologischen Fakultätentags, der Arbeitsgemeinschaften der Katholischen Theologie in Deutschland, des Forums katholischer Theologinnen und der deutschen Sektion der Europäischen Gesellschaft für Katholische Theologie am Mittwochnachmittag in Tübingen.
Wörtlich heißt es in der Erklärung: "Wir möchten die katholische Theologie in der Universitätslandschaft Deutschlands flächendeckend präsent halten. Denn die Fakultäten für Katholische Theologie tragen wesentlich dazu bei, dass unsere religiös vielfältige und weltanschaulich plurale Gesellschaft sprachfähig bleibt." Viele Fakultäten seien über ihre Rolle als Ausbildungsstätten für das seelsorgliche Personal der Kirche hinaus geschätzte Kooperationspartner anderer Fachbereiche. Gestärkt werden müsse die ökumenische, interreligiöse und religionskritische Kompetenz aller Studierenden, fordern die Theologen. Dafür brauche es "leistungsfähige Fakultäten an möglichst vielen Standorten und in unterschiedlichen Kontexten". (tmg/mal/KNA)
24.6., 19:30 Uhr: Ergänzt um Statement von Bischof Feige.