Reform der Priesterseminare: "Alte Denkformen des klerikalen Milieus"
Der emeritierte Würzburger Pastoraltheologe Erich Garhammer kritisiert die Pläne der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) zur Reform der Priesterausbildung und fordert einen Paradigmenwechsel. In einem Beitrag im Münsteraner Forum für Theologie und Kirche vom Mittwoch attestiert er dem Positionspapier der DBK, "in den alten Denkformen des klerikalen Milieus" zu verbleiben. Garhammer vermisst zudem strukturelle Konsequenzen aus der MHG-Studie zu Missbrauch in der Kirche. Die Kompetenzen für heutige Seelsorgeberufe wie Kommunikationsfähigkeit, Multiprofessionalität und spirituelle Verankerung und Auskunftsfähigkeit kämen bei den Plänen nicht in den Blick.
Für den Pastoraltheologen schreibt die Fokussierung auf eine Ausbildung der künftigen Priester an kirchlichen Seminaren eine nach dem Konzil von Trient (1545–1563) und besonders im 19. Jahrhundert betriebene Fehlentwicklung einer Geringschätzung der universitären Theologie fort.
Um seine These zu untermauern, skizziert Garhammer in einem historischen Abriss die Entwicklung der Institution des Priesterseminars. Wurde es nach dem Tridentinum zunächst als Alternative zur unzureichenden Ausbildung in Priesterhaushalten entwickelt, da ein universitäres Theologiestudium nur begüterten Kandidaten offenstand, entwickelte es sich im 19. Jahrhundert nach der Säkularisation zu einem Instrument, um den Staat aus der Priesterausbildung zu verdrängen; gegen die universitäre Theologie herrschten Vorbehalte. Die Vorstellung eines Priesterseminars zur Abschirmung der Kandidaten vor schädlichen Einflüssen an Universität und Gesellschaft, die vor allem der Eichstätter und spätere Münchner Bischof Karl August Graf von Reisach betrieben hatte, habe weniger mit dem ursprünglichen Tridentiner Gedanken des Priesterseminars als mit einer "Ghettomentalität des 19. Jahrhunderts", so Garhammer.
Priesterausbildung als staatskirchenrechtlicher Zankapfel
1917 erhielt der Nuntius in Deutschland, Eugenio Pacelli, aus Rom eine Generalinstruktion zur Priesterausbildung, die vor allem staatliche Mitwirkungsrechte bemängelte, wie sie durch theologische Fakultäten an staatlichen Universitäten bestanden: "Kritisiert wurde vor allem der Mangel an scholastischer Philosophie und Theologie, wodurch die Studenten ohne genügenden Schutz der Bibelexegese und der Dogmengeschichte ausgesetzt seien". Studenten seien an staatlichen Universitäten "heterodoxen Lehren" und "gefährlichen Kontakten mit Studenten anderer Fächer" ausgesetzt. Priesterbildung sei ein "staatskirchenrechtlicher Zankapfel" gewesen; beim Streit um ihre rechte Form sei es weniger um die einzelnen Personen gegangen, sondern um die Stellung der Kirche und den Stand des Priesters allgemein. Garhammer fordert, dieses "unheilvolle Junktim" aufzulösen und stattdessen die Priesterausbildung primär auf Kompetenz im seelsorgerischen Beruf auszurichten.
Im Juni hatte eine Arbeitsgruppe der Deutschen Bischofskonferenz ein Papier zur Zukunft der Priesterausbildung in Deutschland zur weiteren Diskussion vorgelegt. Darin wurde eine Zentralisierung der Ausbildung auf wenige Orte, Seminare und Fakultäten vorgeschlagen. Angestrebt werde ein "Prozess der Profilierung und Konzentrierung der Priesterausbildung".
Das Papier hat eine breite Diskussion ausgelöst. Die Vorsitzende des Katholisch-Theologischen Fakultätentags (KThF) Johanna Rahner bezeichnete die Pläne als "unüberlegt, naiv und politisch unbedarft" und sah darin "das Ideal einer Priesterausbildung, wie es Mitte des 16. Jahrhunderts auf dem Konzil von Trient formuliert wurde". Der Regens des Priesterseminars Sankt Georgen in Frankfurt, Herbert Rieger, dessen Seminar in den Vorschlägen nicht genannt wird, plädierte für einen Mittelweg. (fxn)