Standpunkt

Warum die Kirche jetzt schon an Weihnachten denken sollte

Veröffentlicht am 17.08.2020 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 4 MINUTEN

Bonn ‐ Nicht nur wegen der ersten Lebkuchen in den Supermärkten denkt Claudia Nothelle schon an das Weihnachtsfest. Sie glaubt, dass alte Routinen diesmal nicht funktionieren werden. Daher brauche es kreative Ideen, wie sich die Botschaft verkünden lässt.

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Sie sind so zuverlässig wie das Sommerloch: Jedes Jahr im August fluten Fotos der ersten Lebkuchenpackungen die Timeline. Mit dem dazugehörigen Aufreger – in diesem Jahr habe ich sogar den #Aufschrei entdeckt. Und das bei schwülen 36 Grad. Da könnte leise rieselnder Schnee eine willkommene Abwechslung sein.

So ganz nachvollziehen konnte ich die Aufregung noch nie. Wenn Menschen im Liegestuhl im Garten entspannt Lebkuchen genießen wollen – sollen sie doch. Klar, Weihnachten ist schließlich erst im Dezember. Saison ist Saison. Aber kann man Weihnachtsfreude zu früh verbreiten? Irgendwie gilt sie doch ganzjährig.

In diesem Jahr aber können die alten Weihnachtsroutinen voraussichtlich nicht wirklich funktionieren. Das Virus, das uns seit März auf Distanz zueinander hält, wird uns auch im Dezember noch beschäftigen. Stille Nacht höchstens gesummt in den Weihnachtsgottesdiensten und die Kirchen müssen wohl weiterhin halbleer sein.

Und doch werden die Menschen die Sehnsucht spüren, von der die Lebkuchen in den Supermarktregalen im August nur ein Vorbote sind. Sie wollen Weihnachten feiern, Gloria singen und Weihrauch schnuppern. Sich über die Predigt freuen oder ärgern (und auch über den neuen Mantel der Nachbarin). Und sie wollen, auch wenn das nur die wenigsten laut aussprechen, die Weihnachtsbotschaft hören. Das "Fürchtet Euch nicht" und "Heute ist Euch der Retter geboren".

Vier Monate Zeit noch, um Weihnachten vorzubereiten. Denn in diesem Jahr können wir nicht den Christbaumständer aus der Abstellkammer holen, die Gewänder der Krippenfiguren frisch aufbügeln und dann "the same procedure as every year". Wir brauchen Ideen, wie Krippenspiele, Metten und Messen gelingen können. Wenn die alten Routinen nicht funktionieren, ist das eine Chance für Neues. Die Weihnachtsbotschaft auf ungewohnten Wegen verkünden, ein Singen draußen am Feuer zu planen, eine Winterwanderung mit guten Botschaften und das Krippenspiel für überschaubare Gruppen aufführen.

Ostern via YouTube war hart – auch wenn es vielerorts ein Osterpaket to go in den Kirchen gab. Aber da war der Vorlauf auch vergleichsweise kurz. Weihnachten dagegen kommt in diesem Jahr alles andere als plötzlich. Sag niemand, er habe es nicht rechtzeitig gewusst.

Von Claudia Nothelle

Die Autorin

Claudia Nothelle lehrt Fernsehjournalismus an der Hochschule Magdeburg-Stendal, ist Aufsichtsratsvorsitzende der katholischen Journalistenschule ifp und Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK).

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.