Vatikan-Papier und Corona: Wie geht es weiter mit dem Synodalen Weg?
Dass der Synodale Weg kein Spaziergang werden würde, war wohl allen Beteiligten klar, als das vielbeachtete und vieldiskutierte Reformprojekt der katholischen Kirche in Deutschland am ersten Advent vergangenen Jahres offiziell gestartet wurde. Doch mit einer globalen Pandemie als Hindernis auf dem Weg hätte damals und auch wenige Wochen später bei der noch wie geplant verlaufenen ersten Synodalversammlung in Frankfurt am Main wohl niemand gerechnet.
Seit dem Frühjahr ist nun aber alles anderes, und die weiter anhaltende Corona-Pandemie wirkt sich jetzt auch auf den weiteren Fortgang des Synodalen Wegs aus. Eigentlich nämlich sollte vom 3. bis 5. September wiederum in Frankfurt die zweite Synodalversammlung des Reformprozesses stattfinden. Mehr als 230 Teilnehmer wären dazu im St. Bartholomäus-Dom und im Dominikanerkloster im Zentrum der hessischen Großstadt zusammengekommen. Doch dass dies angesichts der Corona-bedingten Einschränkungen so nicht möglich sein würde, war den Organisatoren bei der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) bereits früh klar.
Regionalkonferenzen unter dem Motto "Fünf Orte – ein Weg"
Deshalb entschieden sie Ende Mai, statt einer zentralen, dreitägigen Versammlung fünf eintägige Regionalkonferenzen abzuhalten. Diese finden an diesem Freitag unter dem Leitwort „Fünf Orte – ein Weg“ mit jeweils rund 50 Teilnehmern zeitgleich von 10 bis 18 Uhr in Berlin, Dortmund, Frankfurt, Ludwigshafen und München statt. Nach dem Willen der Veranstalter sollen die fünf Konferenzen ein Zwischenschritt hin zu einer dann wieder vollwertigen zweiten Synodalversammlung Anfang Februar kommenden Jahres seien.
„Die Aufgabe des Synodalen Weges, die Kirche auf den Weg der Umkehr und der Erneuerung zu führen, verliert durch die Corona-Pandemie nicht an Dringlichkeit, sondern gewinnt an Bedeutung.“
Laut dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Limburgs Bischof Georg Bätzing, und dem ZdK-Präsidenten Thomas Sternberg sollen die Regionalkonferenzen vor allem zweierlei leisten: "Zum einen wollen wir die kirchlichen Erfahrungen in der Corona-Krise bedenken: Was haben die Pandemie und die sich daraus ergebenden Beschränkungen im kirchlichen Kontext bewirkt? Wie verändert sich die Perspektive auf die Kirche und den Synodalen Weg? Wie haben sich die eigenen Motivationen geändert? Welche Lehre sollten wir als Katholikinnen und Katholiken aus der Krise ziehen? Was bedeutet das für die thematische Arbeit der Synodalforen? Zum anderen streben wir einen konkreten Austausch über die bisherige Arbeit in den Synodalforen an." Dabei sei ihnen bewusst, dass die Treffen keine Synodalversammlung im förmlichen Sinne seien könnten. "Aber wir verstehen sie als den nächsten gemeinsamen Schritt auf dem Synodalen Weg und als wichtiges Element der inhaltlichen Arbeit, das insbesondere die Weiterarbeit in den Synodalforen ohne Unterbrechung ermöglicht."
Ablaufen sollen die Regionalkonferenzen allesamt gleich. So soll am Vormittag bei den fünf Treffen zunächst über die Auswirkungen der Corona-Krise auf den Reformprozess diskutiert werden. Grundlage dieser Debatte bildet ein Impulspapier "Das Evangelium und die Kirche in Zeiten der Corona-Pandemie. Herausforderungen für den Synodalen Weg" der drei Theologen Gregor Maria Hoff (Salzburg), Julia Knop (Erfurt) und Thomas Söding (Bochum). Die Hauptthese des bereits vorab im Internet veröffentlichen Papiers: "Die Aufgabe des Synodalen Weges, die Kirche auf den Weg der Umkehr und der Erneuerung zu führen, verliert durch die Corona-Pandemie nicht an Dringlichkeit, sondern gewinnt an Bedeutung."
Zwei "Hearings" zu Arbeitstexten – aber keine Beschlüsse
Am Nachmittag sollen dann in zwei sogenannten "Hearings" Arbeitstexte der beiden Synodalforen "Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche" (Synodalforum 3) und "Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft" (Synodalforum 4) vorgestellt und diskutiert werden. Beide Foren werden besonders aufmerksam beobachtet, da sie mit der Rolle der Frau einerseits und der kirchlichen Sexualmoral andererseits zwei besonders "heiße Eisen" der katholischen Kirche bearbeiten. Wichtig aber: Verbindliche Beschlüsse zu den Arbeitstexten werden bei den Regionalkonferenzen nicht getroffen, weil dazu nur eine reguläre Synodalversammlung aller Mitglieder befugt wäre.
Nicht auf der offiziellen Tagesordnung der Konferenzen steht dagegen die Instruktion der vatikanischen Kleruskongregation, die in den vergangenen Wochen für so viel Aufregung gesorgt hat. Dennoch wird das Papier, in dem es um den Zusammenschluss von Pfarreien und das Verhältnis von Priestern und Laien geht, bei den Treffen sicher eines der zentralen Gesprächsthemen werden. Immerhin machte das Schreiben aus dem Vatikan noch einmal klar, dass Laien zwar an der Gemeindeleitung mitwirken können, tatsächlich leiten, verwalten, moderieren und koordinieren dürfen jedoch nur Priester. Bestrebungen, die Leitung von Gemeinden beispielsweise Teams aus Priestern und kirchliche Engagierten und anderen Mitarbeitern anzuvertrauen, widerspricht die Instruktion direkt. Laien wird zudem weiterhin die Predigt in Messfeiern untersagt.
Das Papier, über das sich eine Mehrheit der deutschen Bischöfe irritiert bis ablehnend geäußert hat, zielt – ob bewusst oder nicht – direkt auf die inhaltliche Arbeit des Synodalen Wegs. Schließlich sind mindestens mit den beiden Synodalforen "Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag" (Synodalforum 1) und "Priesterliche Existenz heute" (Synodalforum 2) zwei Foren direkt mit Fragen befasst, auf die der Vatikan nun teilweise sehr schroffe Antworten gegeben hat. Welche Konsequenzen das für den Reformprozess haben wird, ist noch unklar. Rückenwind wird der Reformflügel in der Synodalversammlung nach der römischen Zurechtweisung aber kaum verspüren.
Ein zweiter "Fall Schwaderlapp" soll unbedingt verhindert werden
Die Beratungen und die Begegnungen der Teilnehmer bei den fünf Regionalkonferenzen dürften vor diesem Hintergrund spannend werden. Schon bei der ersten Synodalversammlung hatten sich Befürworter und Kritiker des Synodalen Wegs teilweise mit offenem Visier zu Wort gemeldet, angesichts der seitdem neu hinzugekommenen Herausforderungen dürfte es diesmal ähnlich diskussionsfreudig zugehen. Den Organisatoren des Prozesses muss es in diesem Zusammenhang vor allem darum gehen, das Gemeinsame aller Mitglieder zu betonen.
Ein zweiter "Fall Schwaderlapp" – der Kölner Weihbischof Dominikus Schwaderlapp hatte Ende Mai aus inhaltlichen Gründen seinen Rückzug aus dem Synodalforum 4 angekündigt – und eine neuerliche Grundsatzdiskussion über die (kirchenrechtliche) Berechtigung und Relevanz des Reformweges sollen unbedingt vermieden werden. Dass diese Gefahr durchaus existiert, zeigte am Mittwochnachmittag ein Offener Brief von Bischof Rudolf Voderholzer. Der Regensburger Oberhirte, der als Kritiker des Synodalen Wegs gilt, kritisierte darin scharf das Zustandekommen und den Inhalt des Arbeitstextes des Synodalforums "Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche".