Mit Blick auf Deutschland: Sternberg sieht Nervosität im Vatikan
Der Vatikan blickt nach Einschätzung von Thomas Sternberg sehr genau auf die Reformdebatten der Kirche in Deutschland. In einem Interview der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt" (Donnerstag) sprach der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) von einer spürbaren Nervosität, "mit der man in Rom derzeit auf die deutsche Ortskirche schaut". Seit der Würzburger Synode von 1971 bis 1975 sei Deutschland bekannt dafür, "manchmal unkonventionelle Wege zu beschreiten und Reformbedarf selbst aufzugreifen, statt nur auf Rom zu warten", so Sternberg. "Das sieht nicht jeder im Vatikan gerne."
Der ZdK-Präsident äußerte sich vor der nächsten Etappe auf dem Synodalen Weg. Die von den deutschen Bischöfe und dem Katholikenkomitee angestoßene Initiative dauert nach derzeitigem Planungsstand bis Februar 2022 und will nach dem Missbrauchsskandal verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen sowie Möglichkeiten von Reformen im kirchlichen Leben ausloten. Am Freitag finden dazu an fünf verschiedenen Orten Regionalkonferenzen statt. Mit "Störfeuer" aus dem Vatikan sei beim Synodalen Weg auch weiterhin zu rechnen, "leider", so Sternberg.
"Nach der Lektüre der Instruktion habe ich schwer schlucken müssen"
Als Beispiel verwies er auf die Ende Juli vorgelegte Instruktion zu Pfarreireformen, die klare Grenzen für Änderungen in diesem Bereich setzt. Das Papier der Kleruskongregation richte sich formal an die gesamte Weltkirche, werde aber den Verhältnissen vor Ort, etwa in Deutschland, nicht gerecht, kritisierte Sternberg. "Nach der Lektüre der Instruktion habe ich schwer schlucken müssen. Dann habe ich mir gesagt: Das ist in manchen Teilen so wirklichkeitsfremd und absurd, dass ich mich nicht darüber ärgern muss. So geht es vielen Laien auf dem Synodalen Weg, denke ich."
Nach Veröffentlichung der Instruktion am 20. Juli hatten sich die deutschen Bischöfe mehrheitlich sehr kritisch zu dem Papier geäußert. Das Schreiben widerspricht Bestrebungen, die Leitung von Pfarreien beispielsweise Teams aus Priestern und kirchlich engagierten Laien anzuvertrauen. Laien können demnach zwar mitwirken an der Gemeindeleitung, doch tatsächlich leiten, verwalten, moderieren und koordinieren dürfen nur Priester. Aus dem Vatikan gab es an die deutschen Bischöfe ein Gesprächsangebot zu dem Dokument. Auch Sternberg kritisierte das Papier bereits mehrfach und nannte es unter anderem "realitätsfremd". (tmg/KNA)