"Maria 2.0" schreibt Vatikan: "Kehrt endlich um! Lebt das Evangelium!"
Die Frauenbewegung "Maria 2.0" hat einen offenen Brief mit scharfer Kritik an den Präfekten der Kleruskongregation, Kardinal Beniamino Stella, verfasst. Der von der Wochenzeitung "Die Zeit" am Freitag veröffentlichte Brief beklagt eine "nicht nachvollziehbare und mit dem Evangelium nicht in Einklang zu bringende Tradition eines absolutistischen Machtverständnisses". Viele Frauen hätten bereits "aufgegeben und resigniert" und versuchten, den Geist Jesu "ohne und außerhalb der Amtskirche lebendig werden zu lassen".
Die Kirche habe sich von der Nachfolge Jesu Christi getrennt und sei auf einem falschen Weg: "Der Papst und die ihm folgenden Bischöfe sind der Verführung der weltlichen Macht erlegen und jetzt selbst Gefangene ihrer falschen Götter." Die Verfasserinnen betonen, dass die Gottesebenbildlichkeit des Menschen auch für Frauen gilt. Die Kirche haben sich jedoch "in die irdische Tradition der Herabwürdigung und Entmündigung von Frauen" gestellt.
Kirche habe "Geist des Evangeliums verraten"
Die Ende Juli veröffentlichte Pfarreien-Instruktion der Kleruskongregation diene vor allem "Machterhalt" und "Kontrolle" und zeige "Angst vor Machtverlust": "Es ist ein Schreiben, das geeignet ist, den Geist weiter auszulöschen." Die Frauen betonen, dass in Deutschland und vielen Ländern Europas "der Geist Jesu und die Botschaft des Evangeliums das gesellschaftliche Miteinander und die staatliche Ordnung" durchdrungen und geprägt hätte. Das zeige sich etwa an der Würdeformel im Grundgesetz. Einer "christlich getränkten, säkularen Welt" stehe eine "klerikale Kirchenwelt" in "unerträglichem Widerspruch" gegenüber. Damit habe die Kirche den Geist des Evangeliums verraten: "Daher stirbt die Kirche gerade dort, wo Gottes Geist wirkt, wo Frieden und Gerechtigkeit viel Raum haben."
In Anspielung auf den Titel der Instruktion, der von einer "pastoralen Umkehr der Pfarrgemeinde" spricht, fordert das Schreiben statt einer "pastoralen" eine "klerikale Umkehr": "Gebt der Amtskirche die Gestalt, die des Evangeliums würdig ist. Statt Monarchie und Hierarchie, Demokratie und Empathie! […] Reformiert das Kirchenrecht, dass es nicht nur Spielregeln sind, sondern den Namen Recht verdient! Gebt der Freiheit Raum und der Gerechtigkeit!"
Der mit "Maria 2.0 Frankfurt" unterzeichnete Brief werde laut Informationen der "Zeit" am Vormittag in Frankfurt dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, dem Limburger Bischof Georg Bätzing übergeben. Bätzing solle ihn an den Präfekten der Kleruskongregation weiterleiten.
In Frankfurt findet heute eine der fünf Regionenkonferenzen des "Synodalen Wegs" statt. An mehreren Veranstaltungsorten der Regionenkonferenzen finden vor dem Versammlungsort Mahnwachen und Gebete statt. Demonstrantinnen zeigen Plakate und Transparente mit Slogans wie "Schweigen war gestern, Schwestern", "Ich kann Priesterin", "Wenn ich groß bin, werde ich Päpstin" und "Ordensfrauen für Menschenwürde". Neben Maria 2.0 sind auch Vertreterinnen der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) an den Protesten beteiligt. Eine formale Beteiligung an dem Reformprozess hatte die Bewegung 2019 abgelehnt. "Wir wollen frei bleiben, uns nicht vereinnahmen lassen und uns keine Struktur geben", hatte Mitinitiatorin Andrea Voß-Frick die Entscheidung begründet. (fxn)