Missbrauch: Weiterer australischer Staat hebt Beichtgeheimnis auf
Der australische Bundesstaat Queensland verpflichtet Priester, das Beichtgeheimnis zu brechen, wenn sie in der Beichte von sexualisierter Gewalt gegen Kinder erfahren. Am Dienstag hat das Parlament entsprechende Regelungen in sein Strafgesetzbuch aufgenommen, die eine Anzeigepflicht auch bei in der Beichte erfahrenen Informationen vorsieht. Die "Criminal Code (Child Sexual Offences Reform) and Other Legislation Amendment Bill 2019" wurde mit Stimmen der Opposition und gegen Proteste der katholischen Kirche verabschiedet. Die Aufhebung der staatlichen Garantie des Beichtgeheimnisses geht auf eine Empfehlung der "Royal Commission" zurück, die die australische Regierung 2013 zur Untersuchung der Missbrauchsfälle in der Kirche des Landes eingesetzt hatte. Kirchenrechtlich ist der Bruch des Beichtgeheimnisses mit der Tatstrafe der Exkommunikation belegt (can. 1388 § 1 CIC).
Mit einer Höchststrafe von fünf Jahren wird nun bedroht, wer bei einem begründeten Verdacht auf sexualisierte Gewalt gegen Minderjährige absichtlich oder fahrlässig nichts gegen die Gefahr für die betroffenen Personen unternimmt. Eine Höchststrafe von drei Jahren gilt, wenn die Anzeigepflicht von begründeten Verdachten auf sexualisierte Gewalt gegen Minderjährige missachtet wird. Die Normen gelten jeweils für betroffene Kinder unter 16 Jahren und Minderjährige mit geistigen Beeinträchtigungen. Beide Paragraphen regeln explizit, dass der Straftatbestand auch dann verwirklicht ist, wenn die Kenntnisse "während oder in Verbindung mit einer religiösen Beichte" erlangt wurden.
Verabschiedung gegen Proteste der Kirche
Nach Vorstellung des Berichts hatten die Bischöfe weitreichende Reformen angekündigt und ein Ende des Vertuschens versprochen. Einer Aushöhlung des Beichtgeheimnisses widersprachen sie jedoch von Anfang an deutlich. Man halte diese Maßnahme weder für praktikabel noch hilfreich, hatte der Vorsitzende der australischen Bischofskonferenz, Erzbischof Mark Coledridge, 2018 bei einer Pressekonferenz mitgeteilt: "Wir lehnen den Bruch des Beichtgeheimnisses nicht ab, weil wir glauben über dem Gesetz zu stehen oder der Sicherheit von Kindern nicht höchste Bedeutung zumessen."
In den Gesetzgebungsprozess hatte die australische Bischofskonferenz auch ein Schreiben des Heiligen Stuhls zum Umgang mit den Ergebnissen der Untersuchungskommission eingebracht. Darin betont Rom, dass die Unverletzlichkeit des Beichtsiegels nach dauerhaft unveränderter Lehre der Kirche aus göttlichem Recht stamme und zum Wesen des Sakraments gehöre. Der Beichtvater solle jedoch Betroffene, die in der Beichte von Missbrauch berichten, ermutigen, sich Hilfe zu suchen und die Fälle den Behörden zu melden. Für Täter sei die Beichte vielleicht die einzige Möglichkeit, sich zu ihren Taten zu bekennen. So entstünde eine Möglichkeit für den Beichtvater, auf den Beichtenden einzuwirken, zu bereuen, sich den eigenen Verbrechen zu stellen und so Gerechtigkeit wiederherzustellen. "Bei einer Anzeigepflicht würde aber kein Täter mehr beichten. Damit wäre eine wertvolle Möglichkeit für Reue und Umkehr verloren."
Im Zuge der Aufklärung sexualisierter Gewalt wird in Australien das Beichtgeheimnis seit Jahren debattiert. Während Priester und Bischöfe sich vehement für seine Unverletzlichkeit einsetzen und ankündigten, zur Not für das Beichtgeheimnis auch Strafen in Kauf zu nehmen, haben die meisten Bundesstaaten Anzeigepflichten auch für in der Beichte erlangte Informationen eingeführt oder planen dies. Neben Queensland gibt es entsprechende Gesetze auch in Südaustralien, Victoria, Tasmanien und dem Stadtstaat Canberra, für die Northern Territories und Westaustralien wurden entsprechende Gesetze eingebracht. In New South Wales wurde ein entsprechender Vorschlag zurückgezogen. (fxn)