Bode: Pastoral der Zukunft wird "weniger klerikerzentriert" sein
Der Vorsitzende der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Franz-Josef Bode, hat sich selbstkritisch zur Rolle von Kirche und Bischöfen während der Corona-Pandemie geäußert. Die Oberhirten müssten sich fragen, warum ihre Stimme außerhalb der Kirche nicht stärker wahrgenommen worden sei, sagte der Osnabrücker Bischof am Mittwoch am Rande der Vollversammlung der deutschen Bischöfe in Fulda. "Rückblickend müssen wir auswerten, was notwendig war und was man auch hätte anders machen können", so Bode. "Als Bischöfe müssen wir uns selbstkritisch fragen, ob wir nicht gerade für Alte und Kranke viel früher im Lockdown eine Anwaltschaft hätten wahrnehmen müssen."
In einigen Fällen sieht Bode die Rolle der Laien und Ehrenamtlichen in der Krise gar positiver als die des Klerus: Während manche Priester vor allem mit Gottesdiensten vor leeren Kirchenbänken in Verbindung gebracht worden seien, hätten andere Seelsorger und Laien vielfältige Initiativen ergriffen. Gemeinden, in denen sich die Gläubigen schon bisher stark engagiert hätten, seien besser durch die Krise gekommen als solche mit wenig Partizipation. "Das ist wie durch eine Lupe deutlich geworden." Die Laien seien oft "weitaus besser als die hauptberuflichen Seelsorgerinnen und Seelsorger mit den unterschiedlichen sozialen Situationen vor Ort vertraut, können Türen öffnen und Kontakte zu anderen Playern vor Ort vermitteln".
Kein Weihwasser, keine Mundkommunion
In Bezug auf die Liturgie sieht Bode nicht die Möglichkeit, bald wieder Wasser in die Weihwasserbecken zu füllen oder die Mundkommunion zu reichen. Dagegen sprächen Ratschläge von Virologen. Wie das kommende Weihnachtsfest gefeiert werde, sei noch in der Planung. Zusätzlich zu den zentralen Gottesdiensten mit Abstandsregeln könne es etwa Angebote draußen geben. "Wir werden den Raum der Kirche in die Städte hinein erweitern müssen." Auch die caritative Seite des Weihnachtsfests, etwa Besuche in Krankenhäusern oder bei Obdachlosen, müssten im Rahmen des Möglichen weiter stattfinden. Große Gottesdienste in Stadien seien für Heilig Abend aber nicht geplant.
In der Pandemie hätten sich Entwicklungen, die schon im Gange gewesen seien, noch verstärkt, sagte Bode. So sei für manche Menschen eine "bisher schleichende Entfremdung vom Glauben und von der Kirche plötzlich offenkundig geworden" und habe zum Abbruch ihrer Beziehungen zur Kirche geführt. Pastoral im weltlichen Umfeld werde im Vergleich zu Pastoral im kirchlichen Umfeld immer wichtiger, das zeige etwa das Engagement der Telefonseelsorge, Krankenhausseelsorge und Polizeiseelsorge während der Krise.
Bode betonte zudem, ein belehrendes oder autoritäres Reden von Gott passe nicht mehr in die Zeit. Die Kirche müsse von der Nähe Gottes sprechen, aber gleichzeitig Menschen und deren Freiheit und Würde achten. Die Pandemie lehre die Kirche, die "Unbegreiflichkeit Gottes auszuhalten". Insgesamt sieht es der Bischof positiv, dass Corona eine Entwicklung in der Pastoral beschleunigt habe, "die weniger klerikerzentriert, dafür aber mit engagierten Gläubigen und damit auch partizipativer, selbstbestimmter und vielfältiger gestaltet sein will".
Dass sich Kirche zu unkritisch dem Gottesdienstverbot durch die Bundesregierung gebeugt habe, sieht Bode aber nicht. Die Kirche habe es nicht riskieren dürfen, dass Gottesdienste zur Ausbreitung des Virus beitragen.
Overbeck: "Eigentümliche Allianzen von Menschen mit Staatsferne"
Sozialbischof Franz-Josef Overbeck sieht durch Corona einerseits einen besseren Zusammenhalt in der Gesellschaft, andererseits aber auch beunruhigende Entwicklungen. Es gebe "eigentümliche Allianzen von Menschen mit Staatsferne", sagte er in Fulda. Diskussionen und Kritik gehörten in einer Demokratie dazu, aber es sei "für unser Zusammenleben in einer Demokratie brandgefährlich, wenn deren Grundfesten infrage gestellt werden, wenn Antisemitismus, Rassismus und Hetze aufflammen". Die Fliehkräfte, die in Deutschland offenkundig würden, erfüllten ihn mit Sorge, so Overbeck.
Weltkirche-Bischof Ludwig Schick wies auf die Corona-Situation in anderen Teilen der Welt hin. In Ländern wie etwa Indien, Peru und Venezuela sei die Situation viel dramatischer als in Deutschland. Es gebe Staaten, in denen die Wirtschaft ganz und gar am Boden liege, Tagelöhner müssten trotz Corona arbeiten, ganze Mittelschichten rutschten in die Armut ab. "Einige Länder bewegen sich auf eine ökonomisch-soziale Katastrophe zu", so Schick. Er würdigte aber auch den Einsatz deutscher Hilfswerke, die seit dem Ausbruch der Pandemie knapp 37 Millionen Euro für die internationale Corona-Hilfe mobilisiert hätten. (gho)