Gleichzeitig Mahnung zu Engagement für Demokratie

Kirchenvertreter zu 30 Jahren Einheit: Faszinierend schöne Geschichte

Veröffentlicht am 03.10.2020 um 12:30 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Katholische und evangelische Bischöfe erinnerten daran, wie Ost- und Westdeutschland in der Freiheit einer Demokratie zusammengefunden hätten. Aktuell gibt es aber gesellschaftliche Entwicklungen, die ihnen Sorge bereiten.

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Bei der zentralen Feier zum 30. Jahrestag der Wiedervereinigung haben die Kirchen zum Engagement für die Demokratie und die deutsche Einheit aufgerufen. Demokratie sei grundlegend eine "innere Haltung", einander zuzuhören und verstehen zu wollen, sagte der Berliner Erzbischof Heiner Koch in einem ökumenischen Gottesdienst in der Potsdamer Kirche Sankt Peter und Paul.

Die Corona-Krise sei ein Ansporn, neu zu lernen, auf andere und ihre Gefühle Rücksicht zu nehmen, betonte der Erzbischof des Erzbistums Berlin unter Hinweis auf das Leitwort der Feiern "Wir miteinander". Dies sei vor allem mit Blick auf Minderheiten notwendig. Sonst sei die Demokratie in Gefahr, "verschleudert" zu werden.

Zusammenwachsen als langer Prozess

Der evangelische Landesbischof Christian Stäblein nannte die Wiedervereinigung eine "faszinierend schöne Geschichte". Er dankte "all den vielen auf dem Weg der Einheit". 30 Jahre deutsche Einheit bedeuteten auch viele "Wiedersehens- und Aufbruchsgeschichten", sagte der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz.

Zugleich räumte Stäblein ein, das Zusammenkommen von Menschen sei "ein langer Prozess, von dem Eins-Werden in diesem Land her wissen wir es, vom Eins-Werden in Europa auch, von Eins-Werden in der Welt erst recht". Er rief dazu auf, die Hoffnung darauf mit anderen zu teilen, "gerade auch mit denen, die im Moment für Gerechtigkeit und Freiheit weggesperrt werden, die wir nicht hören – ob in Belarus oder Hongkong".

An dem Gottesdienst nahmen Repräsentanten aus Politik und Gesellschaft teil, unter ihnen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Wegen der Corona-bedingten Abstandsregeln waren es weniger als in den vergangenen Jahren. Fortgesetzt wird die Feier mit einem Festakt in der Metropolishalle in Potsdam-Babelsberg.

In einem am Freitag veröffentlichten ökumenischen Wort zur Einheit hatten die Kirchen auch vor fatalen gesellschaftlichen Entwicklungen gewarnt. Es gebe spaltende Kräfte, so der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm. "Wachsende Abstände beobachten wir heute nicht nur veranlasst durch die Corona-Pandemie, sondern auch durch sich verschärfende soziale Ungleichheiten und durch einen sich polarisierenden öffentlichen Diskurs", heißt es wörtlich in dem Dokument. (gho/KNA)

Linktipp: "Die Ostdeutschen haben gelernt, gut ohne Glaube und Kirche zu leben"

An diesem Samstag begeht Deutschland den 30. Jahrestag der Deutschen Einheit. Aus diesem Anlass spricht der Leipziger Religionssoziologe Gert Pickel im katholisch.de-Interview über den Stand der religiösen Wiedervereinigung von Ost und West – und die schwierige Lage des Christentums speziell in Ostdeutschland.