Statements vor der Präsidentschaftswahl am 3. November

Joe Biden und Mike Pence werben um christliche Wähler

Veröffentlicht am 02.11.2020 um 12:27 Uhr – Lesedauer: 

Washington ‐ Religiöse Menschen sind als Wählerpotenzial bei der US-Wahl nicht zu unterschätzen. Joe Biden und Mike Pence haben jetzt um Gläubige Menschen geworben – und argumentieren dabei sehr unterschiedlich, obwohl beide katholisch erzogen wurden.

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Joe Biden und Mike Pence haben sich für ihre jeweilige Präsidentschaftskampagne in Statements gezielt an Christen gewandt. In der Online-Zeitung "Christian Post" sind vor der Wahl am 3. November nebeneinander platzierte Texte der beiden zu lesen. Sie versuchen darin, die Bevölkerung mit religiösen Argumenten jeweils für sich zu gewinnen.

Der Katholik Joe Biden (Demokratische Partei) schreibt, er habe sich in seiner politischen Arbeit stets am wichtigsten Gebot orientiert, wie Jesus es im Matthäusevangelium zusammenfasse: Liebe deinen Gott und deinen Nächsten. (Mt 22, 34ff.) Wegen dieses wichtigsten Gebots und der Gottesebenbildlichkeit des Menschen wolle er sich gegen Rassismus und für eine Krankenversicherung einsetzen. In diesem Zusammenhang geht er auf die Corona-Pandemie ein: "Wir müssen alle Masken tragen. Das ist keine politische Meinungsäußerung, das ist die Verkörperung von Gottes Gebot, unseren Nächsten wie uns selbst zu lieben, sodass wir Leben retten können", so Biden.

Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten hätten unverhältnismäßig viele unterprivilegierte Minderheiten getroffen, führt Biden weiter aus. Als Präsident sehe er es als seine Mission, gegen die strukturellen Benachteiligungen vor allem von Schwarzen vorzugehen – und führt ein Zitat von Dietrich Bonhoeffer an: "Wir können nicht nur die Wunden der Opfer verbinden, wir müssen dem Rad in die Speichen fallen."

Gleichstellung der Frau und Migrationspolitik

Deshalb sei ihm die Gleichstellung von Frauen und Männern wichtig. Zudem will er eine andere Migrationspolitik. "Sowohl das Alte wie das Neue Testament lehrt uns, den Fremden willkommen zu heißen", so Biden. Das sei eine direkte Erweiterung des wichtigsten Gebots. "Ich will dafür sorgen, dass Amerika wieder ein Ort der Barmherzigkeit, Gnade und Liebe für Immigranten, Asylsuchende und Geflüchtete wird. Denn das ist Teil unserer Identität."

Gänzlich anders argumentiert Mike Pence (Republikanische Partei), der katholisch erzogen wurde und sich heute als Christ bezeichnet. Er kandidiert als Vizepräsident für den bisherigen US-Präsidenten Donald Trump. Durch diesen habe sich eine neue Bewegung vor allem von Gläubigen entwickelt, beginnt Pence seinen Text. Religiöse Menschen hätten von der Regierung unter Trumps Vorgänger Barack Obama "ständige Angriffe auf unsere höchstgeschätzten Werte und unsere gottgegebenen Freiheiten" erfahren. Sie hätten von Trump erwartet, diese Werte und Freiheiten zu verteidigen, was dieser auch getan habe.

Bild: ©KNA

Amtsinhaber Donald Trump stellt sich zur Wiederwahl.

Pence führt zudem die Verlegung der US-Botschaft in Israel von Tel Aviv nach Jerusalem sowie die Anerkennung Israels durch die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain an. Weiter habe Trump die Bezuschussung von Abtreibungen unterbunden. Außerdem hätten sowohl er selbst wie auch Trump beim Marsch für das Leben gesprochen. In diesem Zusammenhang greift er Biden und dessen Vize-Bewerberin Kamala Harris an, da sie das Recht auf Abtreibung in den USA anerkennen. "Der Rekord ist klar: Präsident Donald Trump ist der stärkste Lebensschutz-Präsident der amerikanischen Geschichte."

Religionsfreiheit prägende Maxime

Die Religionsfreiheit sei die prägende Maxime der US-Außenpolitik des Präsidenten, fährt Pence fort. Zudem hätte er die Gewissensfreiheit von Ärzten und Krankenschwestern, Lehrern und religiösen Wohltätigkeitsorganisationen gestärkt. Als weiteren Erfolg verbucht er, dass die konservative Katholikin Amy Coney Barrett nun dem Obersten Gerichtshof des Landes als Richterin angehört. Das Fundament Amerikas sei die Freiheit, schließt Pence – das Fundament der Freiheit sei der Glaube. "In dieser Wahl haben Menschen des Glaubens keinen größeren Champion als Präsident Donald J. Trump."

Wie umkämpft das christliche Lager bei dieser Präsidentschaftswahl ist, zeigt auch das Ergebnis einer neuen Studie von "LifeWayResearch": Etwa ein Drittel aller protestantischen Pastoren hat sich zu dieser Wahl für einen Kandidaten ausgesprochen - zehn Prozent mehr als vor vier Jahren. Die meisten taten dies allerdings außerhalb des Kirchendienstes, nur ein Prozent innerhalb ihres Amtes.

In der Bevölkerung sind die Bekenntnisse von Kirchenvertretern zu Kandidaten allerdings unbeliebt: 43 Prozent der Befragten halten das für unangemessen. Am 3. November wird in den USA ein neuer Präsident gewählt. Gegen Amtsinhaber Trump tritt mit Joe Biden der Vizepräsident von Barack Obama an. (cph)