Frankreich: Landesweite Demos zur Wiederaufnahme von Gottesdiensten
In vielen Städten Frankreichs haben am Wochenende teils Hunderte Menschen für die Wiederaufnahme von öffentlichen Gottesdiensten demonstriert. Vor der Kathedrale von Bordeaux sollen es laut Medienberichten mindestens 300 gewesen sein, in Rennes rund 200. Bereits am Freitagabend hatten die Kundgebungen vor der Pariser Kirche Saint-Sulpice begonnen, wo sich mehrere hundert Menschen versammelten und skandierten: "Wir wollen die Messe!"
Innenminister Gerald Darmanin erklärte, zwar wolle er eigentlich nicht Polizisten schicken, um gegen gläubige Christen vor einer Kirche Bußgelder zu verhängen; aber bei Wiederholung und bei eindeutigen Verstößen gegen gültige Gesetze werde er dies fortan tun. Es werde "kein Wochenende der Nachsicht mehr" geben.
Der Bischof von Valence in Südfrankreich, Pierre-Yves Michel, sprach sich gegen die Kundgebungen aus. "Das gibt nicht das richtige Signal aus unserer Kirche", sagte er der Zeitung "La Croix" (Samstag). Kirche solle dienen und nicht den Weg der Konfrontation einschlagen. "Ich würde vorziehen, wenn Katholiken zeigen, dass sie in diesen schwierigen Zeiten ihren Teil des Leidens tragen und dieses Gefühl der Ungerechtigkeit überwinden."
"Ich unterstütze ihre Initiative nicht"
"Ich konnte mit den Organisatoren einer Kundgebung in meiner Diözese sprechen", so Bischof Michel; "ich teile ihre Traurigkeit und Enttäuschung, aber ich unterstütze ihre Initiative nicht." Die epidemiologische Situation sei ernst, und daher gelte es, diese vorübergehende Einschränkung unserer Religionsfreiheit zu akzeptieren. Der Bischof unterstrich zudem, dass der Zugang zu den Sakramenten nicht so eingeschränkt sei wie während des ersten Lockdowns.
Mehrere französische Bischöfe, darunter auch der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Eric de Moulins-Beaufort von Reims, waren zuletzt mit einem Einspruch beim Staatsrat gegen das Verbot öffentlicher Gottesdienste im Lockdown gescheitert; der Staatsrat ist zugleich oberstes Verwaltungsgericht wie Beratungsgremium der Regierung in Rechtsfragen. Nach dem ersten Lockdown hatten Gläubige den Bischöfen vorgeworfen, sie hätten sie spirituell im Stich gelassen und nicht genug um die Messfeier als geistliches "Grundnahrungsmittel" der Katholiken gekämpft.
Der Bischof von Frejus-Toulon, Dominique Rey, sprach damals von einem Verstoß gegen die Religionsfreiheit. Die Versammlung im Gottesdienst sei für Christen von zentraler Bedeutung; sie strukturiere das "persönliche und geschwisterliche Leben". Dies gelte auch für die gemeinschaftliche Feier im Islam und im Judentum.
Mit der zunehmenden Zahl von Corona-Infektionen europaweit und den damit verbundenen staatlichen Maßnahmen stellt sich auch in anderen Ländern wieder die Frage nach öffentlichen Gottesdiensten. Die österreichische Bischofskonferenz hat sich bereits entschieden, beim Lockdown der Regierung mitzuziehen und öffentliche Gottesdienste auszusetzen. (cph/KNA)