"Societas Indelebilis" nennt Äußerungen von Schweizer Pfarrer "uninformiert"

Nach Tattoo-Kritik von Priester: Tätowierer bieten Bistum Hilfe an

Veröffentlicht am 26.11.2020 um 12:59 Uhr – Lesedauer: 3 MINUTEN

Stuttgart/Sitten ‐ Tätowierungen seien Teufelszeug: Diese Äußerung eines Schweizer Priesters im Religionsunterricht hat jüngst zu seiner Suspendierung vom Schuldienst geführt. Tattoo-Experten haben dem betroffenen Bistum nun ihre Hilfe angeboten.

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Die "Societas Indelebilis", ein katholischer Bildungsverband für Tätowierer, hat dem Schweizer Bistum Sitten seine Hilfe angeboten, nachdem es in der vergangenen Woche einen Priester vom Schuldienst suspendiert hatte, der Tattoos im Religionsunterricht als satanisch bezeichnete. Der in Stuttgart ansässige Verein wolle "die Hand zu einem Gespräch reichen", um in Bezug auf Tätowierungen "Vorurteile aus der Welt zu räumen", heißt es in einem Brief des Expertenverbands an den Sittener Generalvikar Richard Lehner, der katholisch.de vorliegt. Nach Angaben der "Societas Indelebilis", die sich nach eigener Aussage mit der "Frömmigkeitsgeschichte und Praxis der Tätowierung im Christentum" beschäftigt, sei der Brief bereits beim Bistum eingetroffen. Eine Antwort habe man jedoch noch nicht erhalten.

Der Bildungsverband verwies in seinem Schreiben auf die jahrhundertealte Tradition von Tätowierungen im Christentum: So gebe es die "mindestens 700 Jahre alten Formen der Jerusalemer Pilgertätowierung", einen "umfangreichen Motiv-Kanon im Umkreis der lauretanischen Verehrung unserer Allerheiligsten Gottesmutter" sowie historisch bezeugte Tätowierungen bei mittelalterlichen Mystikern wie dem seligen Heinrich Seuse und Christina von Stommeln. Bei den "koptischen, syro-orthodoxen und eritreischen" Christen seien Tattoos als religiöse Zeichen verbreitet. Zudem gebühre "jedem Zeichen, das sich Menschen geben, zumindest der Respekt ihrer Person, die sich darin ausdrückt", heißt es in dem Brief weiter. Dabei biete sich in Bezug auf Personen mit Tattoos "die Chance, das zu verstehen, woran sie glauben, selbst oder gerade dann, wenn man diesen Glauben nicht teilt".

Medienberichten zufolge hatte der inzwischen vom Religionsunterricht suspendierte Schweizer Priester Tätowierungen vor zehn- bis elfjährigen Schülern als Teufelszeug bezeichnet. Eltern hatten sich an das Bistum gewandt, da nach ihrer Meinung der Geistliche die Kinder mit seinen Äußerungen schockiert und verängstigt habe. Die "Societas Indelebilis" bezeichnete die Äußerungen des Priesters als "uninformiert" und sprach von einer "grotesken Unkenntnis" der Geschichte und Bedeutung von Tätowierungen im Christentum. Unterschrieben wurde der Brief vom Vorsitzenden des Vereins, dem Stuttgarter Tätowierer Silas Becks, sowie dem Theologen und Autor Paul-Henri Campbell, der ebenfalls dem Vorstand des Verbands angehört. (rom)