Im Zeichen von Corona: Der Kirche steht ein ungewisses Jahr bevor
"Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen." Wohl selten war dieses geflügelte Wort passender als beim Ausblick auf das neue Jahr. Denn nachdem schon 2020 vom Coronavirus gehörig durcheinander gewirbelt wurde, dürfte auch 2021 – trotz der nun begonnen Impfungen – bis auf Weiteres ganz im Zeichen der Pandemie stehen und das gesellschaftliche und kirchliche Leben kaum planbar sein.
Das zeigt sich ganz konkret im kirchlichen Terminkalender. Schon heute, am ersten Tag des neuen Jahres, ist klar, dass viele eigentlich geplante Veranstaltungen gar nicht oder nur in stark abgewandelter Form stattfinden können. Prominentestes Beispiel dafür ist der 3. Ökumenische Kirchentag (ÖKT), der eigentlich vom 12. bis 16. Mai mit mehr als 100.000 Teilnehmern in Frankfurt am Main geplant war. Angesichts der in den vergangenen Wochen dramatisch angestiegenen Infektionszahlen und der damit verbundenen "unsicheren Rahmenbedingungen im Mai 2021" entschieden die ÖKT-Verantwortlichen Mitte Dezember jedoch, das Konzept für den Kirchentag grundlegend zu ändern.
Der ÖKT soll "konzentrierter, dezentraler, digitaler" werden
Statt einem potenziellen Superspreading-Event in Deutschlands fünftgrößter Stadt soll der ÖKT – um einen Tag verkürzt – vom 13. bis 16. Mai "konzentrierter, dezentraler, digitaler" über die virtuelle Bühne gehen. Nach dem Willen der Veranstalter soll ein stark konzentriertes "volldigitales Programm" am 15. Mai den Fokus auf aktuelle Herausforderungen im kirchlichen und gesellschaftlichen Bereich legen. Dieses Programm solle auch ohne Massenveranstaltungen vor Ort "so partizipativ und interaktiv wie möglich" sein. "Da die Menschen nicht nach Frankfurt kommen können, kommt der 3. ÖKT zu ihnen nach Hause", so der katholische Kirchentagspräsident Thomas Sternberg.
Ein Gottesdienst am 13. Mai, dem Hochfest Christi Himmelfahrt, und der Schlussgottesdienst am 16. Mai sollen daneben den liturgischen Rahmen des ÖKT bilden. Zudem werde es am 15. Mai konfessionelle Gottesdienste geben, die "ökumenisch sensibel gestaltet" würden. Das konkrete Programm und die Teilnahmebedingungen sollen im Frühjahr vorgestellt werden. Zudem planen die Organisatoren, den Katholikentag 2022 und den Evangelischen Kirchentag 2023 "noch ökumenischer" zu gestalten.
Deutliche Auswirkungen hat die anhaltende Pandemie auch auf den Synodalen Weg. Nachdem der im Advent 2019 gestartete Reformprozess der katholischen Kirche in Deutschland bereits im vergangenen Jahr durch Corona spürbar ausgebremst wurde, streut das Virus auch im neuen Jahr Sand in das synodale Getriebe. Vor allem die zweite Synodalversammlung lässt weiter auf sich warten: Ursprünglich für September 2020 geplant, wurde sie aufgrund der Pandemie zuerst auf Februar und schließlich auf September/Oktober 2021 verschoben. Ob sie dann – ein Jahr verspätet – tatsächlich als Präsenzveranstaltung in Frankfurt stattfinden kann, bleibt abzuwarten.
Wie geht es weiter bei der Missbrauchsaufarbeitung?
Doch nicht nur die Pandemie macht dem Synodalen Weg zu schaffen – auch die wenig wohlklingende "Begleitmusik" aus dem Vatikan dürfte im neuen Jahr ein Thema bleiben. Immerhin liegen mit der vieldiskutierten Instruktion der vatikanischen Kleruskongregation zu Gemeindereformen und Laienbeteiligung sowie dem unterschiedlich gedeuteten Unbehagen des Papstes an "synodalen Wegen" mindestens zwei kritische Wortmeldungen aus Rom weiterhin offen auf dem Tisch.
Dort liegt – im inzwischen elften Jahr – auch der kirchliche Missbrauchsskandal. Mit der zum Jahresbeginn in Kraft getretenen neuen Verfahrensordnung zur Anerkennung des Leids von Missbrauchsopfern ist die Kirche hier nach langen Diskussionen bei der Aufarbeitung zwar einen wichtigen Schritt vorangekommen. Die laufende Debatte um Missbrauchsfälle im Erzbistum Köln und die in diesem Kontext laut gewordenen Vertuschungsvorwürfe gegen Kardinal Rainer Maria Woelki und Hamburgs Erzbischof (und früheren Kölner Generalvikar) Stefan Heße sorgt aber dafür, dass das Thema weiter auf der Tagesordnung bleibt. Gespannt blicken alle Beteiligten auf den 18. März, wenn ein neu in Auftrag gegebenes Gutachten über den Umgang von Führungskräften im Erzbistum Köln mit Missbrauchsfällen vorgelegt werden soll. Daneben könnte im neuen Jahr aber auch Rom in dieser Causa aktiv werden: Immerhin haben Woelki und Heße die Kurie um eine Prüfung der gegen sie erhobenen Vorwürfe gebeten und ihren Verbleib im Amt damit ein Stück weit in die Hände des Vatikan gelegt.
Der Synodale Weg und die weitere Aufarbeitung des Missbrauchsskandals dürften auch wichtige Themen bei den beiden Vollversammlungen der Deutschen Bischofskonferenz sein. Die eigentlich in Dresden geplante Frühjahrstagung wird dabei – ebenfalls Corona-bedingt –vom 23. bis 25. Februar lediglich digital stattfinden; wie es um das Treffen im Herbst (20. bis 23. September) in Fulda bestellt ist, ist noch unklar. Für das Bistum Dresden-Meißen ist die Absage der Frühjahrsvollversammlung ein harter Schlag – schließlich sollte das Treffen in der sächsischen Landeshauptstadt ein Höhepunkt der Feierlichkeiten zum 100. Jahrestag der Wiedererrichtung der ostdeutschen Diözese werden. Neben dem Bischofstreffen sind der anhaltenden Pandemie bereits mehrere weitere geplante Programmpunkte des Jubiläumsjahres zum Opfer gefallen. Immerhin: Der für den 20. Juni geplante große Bistumstag am Dresdner Elbufer mit Festgottesdienst und Festprogramm musste bislang noch nicht abgesagt werden.
Prominenter Wechsel im Sekretariat der Bischofskonferenz
Bei allen Corona-bedingten Unsicherheiten: Weitgehende Kontinuität dürfte 2021 beim katholischen Spitzenpersonal herrschen, denn in der Bischofskonferenz erreicht in diesem Jahr kein Diözesanbischof die Altersgrenze von 75 Jahren. Allerdings steht im unmittelbaren Umfeld der Bischöfe ein prominenter Wechsel kurz bevor: Am 6. Januar gibt Pater Hans Langendörfer nach 24 Jahren sein Amt als Sekretär der Bischofskonferenz ab. Bis zum Amtsantritt eines Nachfolgers übernimmt Ulrich Pöner die Aufgabe kommissarisch.
Zuletzt: Wer sich für Kirchengeschichte interessiert, kann 2021 verschiedene Gedenktage begehen. Gleich übermorgen etwa, am 3. Januar, jährt sich zum 500. Mal die Exkommunikation Martin Luthers durch Papst Leo X. (1513-1521). Und am 6. August ist der 800. Todestag des heiligen Dominikus, des Gründers des Dominikanerordens.