ZdK-Präsident fordert Herausgabe von Kölner Missbrauchsgutachten
Der oberste katholische Laienvertreter in Deutschland fordert die Herausgabe des bislang unveröffentlichten Missbrauchsgutachtens im Erzbistum Köln. "Nur vollständige Transparenz kann jetzt weiterhelfen", sagte der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, der "Rheinischen Post" (Samstag) in Düsseldorf. "Und sollte es ein Fehlverhalten des Erzbischofs gegeben haben, ist die Übernahme von Verantwortung eine Selbstverständlichkeit."
Am Freitag hatte der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki erklärt, dass er Vertuschungsvorwürfe gegen ihn vom Papst prüfen lassen will. "Um die gegen mich erhobenen kirchenrechtlichen Vorwürfe zu klären, bitte ich den Heiligen Vater um eine Prüfung in dieser Frage", teilte Woelki mit. "Es bleibt dabei: Versäumnisse im Umgang mit sexualisierter Gewalt müssen offengelegt werden, unabhängig davon, gegen wen sie erhoben wurden. Dies bezieht auch mich ein." Anlass für diesen Schritt ist der Vorwurf, er habe im Jahr 2015 einen mehrere Jahrzehnte zurückliegenden Fall schweren sexuellen Missbrauchs durch einen Düsseldorfer Priester pflichtwidrig nicht nach Rom gemeldet und keine Voruntersuchung in dem Fall eingeleitet. Das Erzbistum betonte, dass die Meldung aufgrund des schlechten Gesundheitszustand des Priesters im Jahr 2015 unterblieben sei. Zudem habe sich der Betroffene zu dem Fall nicht mehr äußern wollen.
Der Tübinger Kirchenrechtler Bernhard Anuth hatte dieser Argumentation im "Kölner Stadt-Anzeiger" widersprochen. Auch wenn der Beschuldigte nicht habe angehört werden können, dann doch wenigstens sein Umfeld. Auch fragmentarische Ergebnisse seien an den Vatikan zu leiten, der dann über ein kirchenrechtliches Strafverfahren zu entscheiden habe.
"Kardinal muss sich an seinen eigenen Worten messen lassen"
Am Donnerstag hatte zudem der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller den Rücktritt Woelkis gefordert. Sternberg erklärte dazu jetzt: "Der Kardinal muss sich an seinen eigenen Worten messen lassen, als er genau dies nämlich als Konsequenz nannte, sollte ihm Fehlverhalten eindeutig nachgewiesen werden." Der ZdK-Präsident forderte rückhaltlose Aufklärung von Missbrauchsfällen und nannte unter anderem die Bistümer Münster und Mainz als gute Beispiele.
Bis zum 18. März 2021 soll der Kölner Strafrechtler Björn Gercke ein Gutachten zum Umgang der früheren Kölner Bistumsspitze mit Missbrauchsfällen durch Geistliche vorlegen. Eine bereits fertige Untersuchung der Münchner Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl wollte Woelki zunächst nicht veröffentlichen lassen, da sie "methodische Mängel" enthalte. Sobald Gerckes Gutachten fertig erstellt ist, sollen unter anderem Betroffene und Journalisten auch das Westpfahl-Gutachten lesen dürfen.
Unterdessen prüft Münsters Bischof Felix Genn, ob er gegen Woelki kirchenrechtliche Untersuchungen aufnehmen wird. Das Kirchenrecht sieht vor, dass bei einem Vertuschungsvorwurf gegen einen Bischof der Metropolit oder der dienstälteste Bischof einer Kirchenprovinz - im Kölner Fall ist dies Genn - die Untersuchungen übernimmt. Zuvor muss jedoch bei ihm oder beim Heiligen Stuhl eine entsprechende Anzeige eingegangen sein. Wie das Bistum Münster am Freitag erklärte, informierte Genn den Nuntius in Deutschland, Nikola Eterovic, über den Vorgang und bat ihn, seine Mitteilung an den Heiligen Stuhl weiterzuleiten. (tmg/KNA)