Sozialen Charakter von Weihnachten nicht vergessen

Theologe: Dürfen nicht alle Energie in Gottesdienste stecken

Veröffentlicht am 16.12.2020 um 09:00 Uhr – Lesedauer: 

Freiburg ‐ Seit dem Wochenende ist klar, dass Weihnachtsgottesdienste gefeiert werden können. Der Theologe Tobias Aldinger fordert, den sozialen Charakter und die Botschaft des Weihnachtsfestes deswegen aber nicht aus dem Blick zu verlieren – und äußert Ideen.

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Der Referent für Glaubenskommunikation im Erzbistum Freiburg, Tobias Aldinger, rät angesichts der Debatte um Weihnachtsgottesdienste dazu, den sozialen Charakter des Fests nicht zu vergessen. "Es ist gut, nicht alle Energie in Gottesdienste zu stecken, sondern zu überlegen, für wen wir in diesem Jahr besonders da sein sollten", sagt der Theologe am Dienstag auf Anfrage von katholisch.de. "Die Botschaft von Weihnachten richtet sich gerade an die Menschen, die am Rand stehen", so Aldinger.

Kirchengemeinden könnten beispielsweise Angebote machen, um an Weihnachten auf einsame Menschen zuzugehen, so der Theologe. Möglich seien etwa Telefonketten. Bereits in der ersten Phase der Pandemie habe es viele Nachbarschaftshilfen und Menschen gegeben, die sich um einsame und isolierte Menschen gekümmert haben. "Hierfür sollten die Kirchen auch ihre Ressourcen und Netzwerke zur Verfügung stellen, um solche Initiativen an Weihnachten zu unterstützen und zu begleiten" fordert er.

An den Weihnachtstagen sei es zudem wichtig, die Kirchen zu öffnen, damit Gläubige in der Weihnachtszeit einen Ort für das persönliche Gebet hätten. Freiwillige und Seelsorger sollten darüber hinaus präsent und für die Sorgen der Kirchenbesucher ansprechbar sein, so der Theologe. Sinnvoll sei es auch, etwa Kerzen zum Abholen anzubieten oder die Möglichkeit einzurichten, eine persönliche Fürbitte aufzuschreiben und beispielsweise an der Krippe zu hinterlassen. "Damit sendet die Kirche ein wichtiges Zeichen: Wir sind da", sagt Aldinger.

Gemeinsames Glockenläuten, um Gebete zu verbinden

Außerdem schlägt der Referent für Glaubenskommunikation vor, dass konfessionsübergreifend die Glocken aller Kirchen einer Stadt oder eines Dorfes an Weihnachten gemeinsam um dieselbe Uhrzeit für fünf bis zehn Minuten läuten könnten mit dem Aufruf, dass alle Gläubigen Zuhause beispielsweise "Stille Nacht" oder "O du fröhliche" singen oder das Vaterunser beten. Damit ließen sich die Menschen verbinden, die in diesem Jahr im Kreise der Familien Weihnachtsandachten feiern statt öffentliche Gottesdienste zu besuchen, so Aldinger.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Sonntag in Berlin verkündet, dass trotz härterer Corona-Einschränkungen in vielen Bereichen Gottesdienste an Weihnachten weiter möglich sind. Dabei gelten unter anderem eine Maskenpflicht auch am Platz und ein Gesangsverbot. Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) hatte die Entscheidung, weiter Gottesdienste feiern zu können, begrüßt. "Gleichzeitig rufen wir erneut zu äußerster Vorsicht und der strikten Einhaltung aller vorhandenen Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen auf. Verantwortung und Augenmaß sind das Gebot der Stunde", sagte DBK-Sprecher Matthias Kopp.

In Bayern soll ab Mittwoch ein nächtliches Ausgangsverbot herrschen, das auch Christmetten miteinschließt. Demnach sollen alle Bürger ab 21 Uhr zu Hause sein. Eine Ausnahme für Christmetten gibt es nicht, diese sollten stattdessen vorverlegt werden. "Das Virus richtet sich nicht nach dem Kirchenjahr, nicht nach dem Gottesdienstkalender", sagt Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU). Die Ministerpräsidenten von Sachsen und Sachsen-Anhalt, Michael Kretschmer und Reiner Haseloff (beide CDU), hatten am Montag davon abgeraten, zu Weihnachten in die Kirche zu gehen. "Das ist für viele Menschen bitter. Aber wir tun es für unsere nächsten Angehörigen", so Kretschmer. (cbr)