Timmerevers: Können Entscheidung, in Kirche zu gehen, keinem abnehmen
Die Debatte über den Besuch von Gottesdiensten an Weihnachten hält an. Der Bischof von Dresden-Meißen, Heinrich Timmerevers, sagte am Montag auf Anfrage: "Dieses Jahr ist Weihnachten ein Spagat der Nächstenliebe: Wir bieten vor Ort Gottesdienste an und ermöglichen gleichzeitig, dass man auch aus guten Gründen über Fernsehen und Internet mitfeiern kann. Die Entscheidung, in die Kirche zu gehen oder zu Hause mitzufeiern, können wir keinem abnehmen." Dennoch werbe er dafür, die Möglichkeit zur Feier von Weihnachtsgottesdiensten zu erhalten: "Darin sehe ich für viele Menschen einen Funken Hoffnung in einer hoffnungsarmen Zeit." Das habe die Kirche auch aus der Gottesdienst-Debatte zu Ostern gelernt: "Kirchen müssen offenbleiben. Es ist unser Dienst für die Menschen." Der Bischof betonte, dass die Kirchen strikte Corona-Schutzmaßnahmen für die Gottesdienste hätten: "Daran wollen wir uns konsequent halten: kein Gemeindegesang, reduzierte Dauer und große Abstände."
Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck empfahl, alle nicht zwingend notwendigen Kontakte im kirchlichen Leben weiter zu reduzieren. Die öffentlichen Gottesdienste sollten möglichst auf die Sonn- und Feiertage beschränkt werden, sagte er nach Beratungen mit dem Krisenstab in seinem Bistum. "Ich bin mir sehr bewusst, dass eine breite Öffentlichkeit sehr kritisch auf die Möglichkeiten der Religionsgemeinschaften blickt, unter bestimmten Bedingungen weiterhin Gottesdienste feiern zu dürfen", ergänzte der Ruhrbischof: "Wir sollten deshalb sehr sorgsam und sensibel an den kommenden Feiertagen von dieser Möglichkeit Gebrauch machen."
Der Leiter des Katholischen Büros Nordrhein-Westfalen, Antonius Hamers, sieht Pfarrgemeinden für Corona-konforme Weihnachtsgottesdienste gut aufgestellt. Sowohl unter freiem Himmel als auch in den Kirchen seien kreative Angebote geplant, sagte er dem Kölner Online-Portal "domradio.de" am Montag. Vielerorts seien Anmeldeverfahren vorgesehen. Zudem gebe es digitale Formate und Hausgottesdienste für Menschen, die wegen der Pandemie nicht zu den Kirchen kommen könnten oder wollten. Hamers zufolge sind Gottesdienste unter den geltenden Corona-Auflagen verantwortbar. Die Zusammenkünfte böten Gelegenheiten für Trost und Zuversicht. "Insofern finde ich es ganz wichtig, dass Menschen dieses Angebot gemacht wird und dass Gemeinden da jetzt nicht hingehen und sagen: Wir verzichten auf unsere Gottesdienste, auf unsere Weihnachtsgottesdienste", so der Geistliche. Hamers kündigte Besprechungen mit der nordrhein-westfälischen Landesregierung noch am Montag an. Darin werde es vor allem um eine sogenannte Hotspot-Strategie gehen. "An den Orten, an denen die Inzidenzen über 200 steigen, da muss man sehen, dass man diese Regeln eventuell insbesondere auf diese Situation anpasst."
Ministerpräsidenten raten von Gottesdienstbesuch ab
Die Ministerpräsidenten von Sachsen und Sachsen-Anhalt, Michael Kretschmer und Reiner Haseloff (beide CDU), rieten davon ab, zu Weihnachten in die Kirche zu gehen. Kretschmer sagte MDR Aktuell, jeder müsse Kontakte reduzieren. "Das ist für viele Menschen bitter. Aber wir tun es für unsere nächsten Angehörigen." Er selbst wolle aus diesem Grund den Weihnachtsgottesdienst in diesem Jahr erstmals nicht besuchen. "Wenn man ein frommer Christ sein möchte und das Thema für einen selbst sehr wichtig ist, dann muss man dazu nicht in die Kirche gehen." Auch Sachsen-Anhalts Regierungschef Haseloff verzichtet in diesem Jahr nach eigenen Worten darauf, Weihnachten einen Gottesdienst zu besuchen. Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) sprach sich für den Besuch von Online-Gottesdiensten zu Weihnachten aus.
Bayerns Staatsregierung drängt unterdessen auf eine Vorverlegung der Christmetten an Heiligabend. Diese sollten nicht wie üblich spätabends oder nachts stattfinden, sondern diesmal so, dass die Gottesdienstbesucher bis 21 Uhr wieder daheim sein könnten. Dies forderte laut Medienberichten Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) am Montag in München nach einer Sitzung des Kabinetts. Herrmann wolle nun das Gespräch mit den Kirchen suchen, er gehe von Verständnis aus, hieß es. "Das Virus richtet sich nicht nach dem Kirchenjahr, nicht nach dem Gottesdienstkalender", wurde Herrmann vom Bayerischen Rundfunk zitiert. Im Freistaat gilt coronabedingt von 21 bis 5 Uhr eine Ausgangssperre. Bislang hatte es geheißen, Besucher von Christmetten sollten davon ausgenommen sein.
Im gemeinsamen Beschluss der Ministerpräsidenten der Länder und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vom Sonntag heißt es: "Gottesdienste in Kirchen, Synagogen und Moscheen sowie die Zusammenkünfte anderer Glaubensgemeinschaften sind nur unter folgenden Voraussetzungen zulässig: Der Mindestabstand von 1,5 Metern wird gewahrt, es gilt Maskenpflicht auch am Platz, der Gemeindegesang ist untersagt." Bei Zusammenkünften, in der Besucherzahlen erwartet würden, die zu einer Auslastung der Kapazitäten führen könnten, sei zudem "ein Anmeldungserfordernis einzuführen".
Die Bundesregierung bekräftigte am Montag die beschlossenen Regelungen für Gottesdienste an den Feiertagen noch einmal. Es seien konkrete Vorgaben gemacht worden und diese träfen für alle Religionsgemeinschaften zu, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Ob die Vorgaben bei den religiösen Feiern eingehalten würden, werde wie im allgemeinen Leben überprüft, fügte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums hinzu. Es gebe laufend Gespräche zwischen den Religionsgemeinschaften und der Regierung. Wie es aus dem Ministerium weiter hieß, sollen die Gespräche zeitnah fortgeführt werden, um mit den Religionsgemeinschaften zu besprechen, ob und in welchem Umfang religiose Feste um die Weihnachtszeit herum stattfinden können. Bislang sei der Austausch mit den Religionsgemeinschaften sehr konstruktiv gewesen. Einen konkreten Termin für die Gespräche nannte das Ministerium nicht. Zuvor war über ein Treffen am Montag oder Dienstag berichtet worden. (tmg/KNA)