Bischof Wilmer: Missbrauchsaufarbeitung in Köln "unsäglich"
Der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer hat die Vorgänge rund um die Missbrauchsaufarbeitung im Erzbistum Köln als "unsäglich und sehr bedauerlich" bezeichnet. Die Fälle des Kölner Erzbischofs Rainer Maria Woelki und des Hamburger Erzbischofs Stefan Heße, denen Vertuschung vorgeworfen wird, lägen nun im Vatikan, erklärte Wilmer in einem am Freitag veröffentlichten Interview des Senders NDR Info. "Ich hoffe und wünsche, dass hier bald Klarheit herrscht, dass mehr Licht ins Dunkel kommt und dass beide Geschichten so gelöst werden, dass das Vertrauen wiederhergestellt wird."
Wilmer bezog sich auf die Debatte um ein bisher nicht veröffentlichtes Missbrauchsgutachten im Erzbistum Köln. Medienberichten zufolge wird darin Woelki und Heße, der früher Personalchef und Generalvikar in Köln war, vorgeworfen, die Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt verhindert zu haben. Beide Erzbischöfe hatten die Vorwürfe gegen sie mit der Bitte um Prüfung an den Vatikan gemeldet.
Bischofsrücktritte nicht ausgeschlossen
Wilmer schloss Rücktritte von Bischöfen in Deutschland wegen des Umgangs mit Fällen von sexualisierter Gewalt nicht aus, nannte aber keine Namen. Er sei grundsätzlich dafür, dass die Basis des Rechts zunächst einmal geprüft werde. Darüber hinaus könne ein Bischof in eine Lage kommen, in der ihm im Bistum niemand mehr vertraue. "Dann muss er sich ernsthaft fragen, ob er dort richtig ist."
Vergangene Woche hatte bereits der Limburger Bischof und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Georg Bätzing, die Missbrauchsaufarbeitung im Erzbistum Köln kritisiert. "Ich bin über die Situation, die um die Kölner Studie herum entstanden ist, überhaupt nicht glücklich", so Bätzing. Dies wisse Kardinal Woelki auch. An dessen Absicht, für Transparenz zu sorgen, sei zwar "nicht zu zweifeln", so der Bischof weiter. Aber "dass das jetzt in ein regelrechtes Desaster gemündet ist und auf uns alle abfärbt, das ist nicht gut". Auch der Münchner Kardinal Reinhard Marx bezeichnete die Nichtveröffentlichung der Kölner Missbrauchsstudie als "verheerend" für die gesamte Kirche. "In der Öffentlichkeit wird nun wahrgenommen, dass Juristen über Spitzfindigkeiten auf dem Rücken der Betroffenen streiten", kritisierte Marx.
Mit Blick auf den 2019 gestarteten Reformprozess der deutschen Katholiken, den Synodalen Weg, forderte Wilmer in dem Interview, die Gespräche mit dem Vatikan, aber auch mit anderen Nationalkirchen zu intensivieren. "Es wäre mein Wunsch, dass wir uns stärker in die Augen schauen und an einen Tisch kommen. Im Moment gibt es zu viele Dokumente und zu viel Post, die hin und her läuft, statt dass wir uns an einen Tisch setzen und miteinander ringen", kritisierte er. Er sei sehr dafür,"wenn wir den deutschen Synodalen Weg ausweiten zu einem Synodalen Weg in Europa".
Nach einem Treffen mit dem Papst und weiteren Verantwortlichen im Vatikan im Oktober habe er nicht den Eindruck, dass Rom mit dem Reformdialog in Deutschland fremdele. Nur bei einigen wenigen Vertretern sei dies der Fall. Wilmer betonte: Es gehe schon um Veränderungen, aber "niemand in Deutschland will eine Abspaltung von Rom, niemand will ein Schisma." (tmg/KNA)