Aufarbeitungsarbeit vieler Bistümer müsse sich nicht verstecken

Sternberg skeptisch gegenüber staatlicher Missbrauchskommission

Veröffentlicht am 22.02.2021 um 12:54 Uhr – Lesedauer: 

Augsburg ‐ Betroffene von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche hatten vergangene Woche mehr Unterstützung von der deutschen Politik gefordert. ZdK-Präsident Thomas Sternberg sagt nun, warum er dem kritisch gegenübersteht.

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Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, bezweifelt die Notwendigkeit einer staatlichen Kommission zur Missbrauchsaufarbeitung. "Ob es eine staatliche Kommission braucht, die großteils verjährte sexualisierte Gewalt in allen Bereichen der Gesellschaft aufzuarbeiten hätte, scheint mir fraglich", sagte Sternberg der "Augsburger Allgemeinen" (Montag, online). Die katholische Kirche sei alles in allem auf einem guten Weg. "Ich glaube, die Aufarbeitungsarbeit vieler katholischer Bistümer in Deutschland muss sich nicht verstecken."

Der ZdK-Chef erklärte: "Neben Bistümern, die Gutachten beauftragt haben, gibt es eine Reihe von Bistümern, die ganz unabhängige Wissenschaftler-Teams mit der Aufarbeitung betraut haben. Im Bistum Münster wird es von einem Zeithistoriker angeführt. Hier geschieht Aufarbeitung außerhalb der Kirche, und ich halte das für einen guten und richtigen Weg."

Betroffene von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche hatten vergangene Woche mehr Unterstützung von der Politik gefordert. Nötig sei die Einsetzung einer Wahrheits- und Gerechtigkeitskommission durch das Parlament, die "den Aufarbeitungsprozess für das jahrzehntelange systematische institutionelle Versagen in den Kirchen" begleiten solle. "Die Kirche kann es nicht allein", so die Autoren. Unterstützung in ihrem Anliegen bekamen sie von der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd).

Bischöfe sollen über "eucharistische Gastfreundschaft" sprechen

Mit Blick auf die am Dienstag beginnende Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) fügte Sternberg hinzu, er hoffe, dass dort auch über andere wichtige Themen ausführlich gesprochen werde: "Über die eucharistische Gastfreundschaft, wie sie längst allenthalben praktiziert wird. Oder über die Frage nach dem assistierten Suizid: Wie kann Kirche statt zu töten, Hilfe zum Leben und Hilfe im Sterben geben?" Gerade in der Pandemie sei außerdem auch über Gottvertrauen, Geborgenheit, Hilfsbereitschaft und den Trost des Gebets zu reden.

Bezüglich der Unruhe im Erzbistum Köln sagte Sternberg: "Die Gläubigen dort sind in einer Weise verärgert, wie ich das noch nie erlebt habe. Ich weiß auch nicht, wie man das wieder heilen kann. Jedenfalls strahlt das, was gerade in Köln passiert, aus auf die gesamte katholische Kirche in Deutschland."

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki steht derzeit unter Beschuss, da er ein erstes Gutachten zum Umgang früherer und heutiger Bistumsverantwortlicher mit Missbrauchsfällen nicht wie zunächst vorgesehen veröffentlichen lässt. Er begründet dies mit "methodischen Mängeln" in dem Papier. Ein neues Gutachten des Kölner Strafrechtlers Björn Gercke soll am 18. März veröffentlicht werden. (tmg/KNA)