Medien: Vatikan plant Visitation der Gottesdienstkongregation
Medienberichten zufolge plant der Vatikan eine Visitation der bis vor Kurzem von Kardinal Robert Sarah geleiteten Gottesdienstkongregation. Laut dem traditionalistischen französischen Portal "Riposte catholique" (RC, Freitag) soll eine durch den Vorsitzenden der Liturgiekommission der italienischen Bischofskonferenz, Claudio Maniago, geleitete kanonische Visitation am Montag beginnen. Visitationen dienen normalerweise der Überprüfung von Vorgängen in Orden, Werken und Diözesen. Eine Visitation einer vatikanischen Kongregation ist ein Novum und äußerst ungewöhnlich. RC hatte bereits am Tag der Annahme des Rücktritts über eine mögliche Visitation berichtet.
Am Montagnachmittag berichtete die britische katholische Wochenzeitung "The Tablet", dass es sich nicht um eine kanonische Visitation, sondern vielmehr um einen "Konsultationsprozess" handle, um einen Nachfolger für Sarah zu finden. Erzbischof Arthur Roche, der Sekretär der Gottesdienstkongregation, beschrieb den Vorgang ähnlich dem eines Diözesanbischofs, der sich mit seinem Generalvikar und weiteren Personen über die Besetzung einer Pfarrerstelle berät. "Dabei geht es darum, die Bedürfnisse einer Pfarrei, die tatsächliche Situation und die Richtung, in die es gehen soll, im Blick zu haben", so Roche.
Papst Franziskus hatte am 20. Februar den Rücktritt von Kardinal Sarah angenommen, den dieser bereits im vergangenen Jahr mit Erreichen der Altersgrenze von 75 Jahren eingereicht hatte. Die Entscheidung in der Fastenzeit kam überraschend angesichts der durch die Corona-Pandemie anstehenden weiterhin liturgisch schwierigen Planung der Osterfeierlichkeiten. Zudem wurde entgegen der üblichen Gepflogenheiten kein Nachfolger benannt. Üblicherweise werden bei derartigen Personalien zugleich das Ausscheiden des bisherigen und die Benennung des neuen Präfekten mitgeteilt. Hintergründe wie ein eventueller aktueller Anlass für das Vorgehen wurden damals nicht bekannt gegeben.
Sarah: Bin kein Gegner von Franziskus
In der vergangenen Woche hatte Sarah betont, dass es "Blödsinn" sei, ihn als Gegner von Papst Franziskus zu bezeichnen. Während seiner Amtszeit gab es jedoch immer wieder Anzeichen von Meinungsverschiedenheiten zwischen Sarah und dem Papst; so äußerte sich der Präfekt etwa kritisch zur Entscheidung von Franziskus, Bischofskonferenzen mehr Freiraum bei der Übersetzung der Liturgie in die Landessprachen zu gewähren. Auch Sarahs Buchveröffentlichung zum priesterlichen Zölibat wurden als Kritik an den durch die Amazonas-Synode aufgeworfenen Diskussionen über eine Öffnung des Zölibats verstanden.
Als Nachfolger von Kardinal Sarah wurde auch Maniago gehandelt, der derzeit Bischof von Castellaneta in Apulien ist. Maniago gilt als liberal und der Messe in ihrer außerordentlichen Form gegenüber als kritisch. Favorit soll Medienberichten zufolge der Franziskaner Vittorio Francesco Viola, Bischof von Tortona in Ligurien, sein.
Die Gerüchte um eine Visitation sind nicht der einzige rätselhafte vatikanische Vorgang im Zusammenhang mit der Liturgie. Für Aufsehen gesorgt hat in den vergangenen Tagen ein Schreiben, mit dem anscheinend Privatmessen im Petersdom verboten wurden. Davon betroffen wären neben Pilgergruppen auch Priester, die an den Seitenaltären der päpstlichen Basilika die Messe in ihrer außerordentlichen Form feiern. Das unsignierte Schreiben stammt dem Briefkopf zufolge aus dem für die Liturgie nicht zuständigen vatikanischen Staatssekretariat. Eine Unterschrift und ein Aktenzeichen fehlen jedoch, nur ein handschriftliches Namenskürzel ist angebracht. Der für die Liturgie in Sankt Peter eigentlich zuständige Erzpriester des Petersdoms, Kardinal Mauro Gambetti, ist in dem Schreiben nicht genannt.
Die Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung wurde seit 2014 von Kardinal Sarah geleitet. Immer wieder wurde jedoch auch spekuliert, dass ein Großteil der operativen Leitung der Kongregation durch den seit 2012 amtierenden Sekretär Roche erledigt werde, der auch jetzt noch im Amt ist. Sarah wurde 1979 von Papst Johannes Paul II. im Alter von 34 Jahren zum Erzbischof von Conakry in Guinea ernannt. Seit 2001 war er an der römischen Kurie tätig, zunächst als Sekretär der Kongregation für die Evangelisierung der Völker. 2010 wurde er von Papst Benedikt XVI. zum Kardinal erhoben. (fxn)
Ergänzung, 15. 3. 2021, 16 Uhr: Klarstellung durch Erzbischof Roche aus "The Tablet" ergänzt.