Liturgiegestaltung als "kreative Herausforderung" mit verschiedenen Umsetzungen

Wie Gemeinden sich auf das zweite Corona-Osterfest vorbereiten

Veröffentlicht am 20.03.2021 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die Osternacht gilt als "Mutter aller Vigilien" und gehört zu den katholischen Festen mit den reichsten Liturgien. Zum ersten Mal seit Beginn der Corona-Pandemie können in diesem Jahr an Ostern wieder Gemeindegottesdienste in den Kirchen stattfinden – mit einigen Anpassungen.

  • Teilen:

Mit Ostern wird das zentrale Fest der Christen in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal unter den Einschränkungen der Corona-Pandemie stattfinden müssen. Im vergangenen Jahr konnte an Ostern größtenteils nur virtuell gefeiert werden. Deutschland befand sich zu dieser Zeit seit einigen Wochen im ersten großen Lockdown, bereits am 13. März hatten mit den Bistümern Trier, Mainz, Speyer und dem Erzbistum München und Freising die ersten Diözesen alle öffentlichen Gottesdienste abgesagt oder verboten. Das Osterfest fand zum großen Teil virtuell statt. In diesem Jahr können dagegen – nach aktuellem Stand – vielerorts Gottesdienste mit Gemeinde in der Kirche stattfinden.

Gerade die Osternacht gehört dabei zu den kirchlichen Feiern mit den reichsten Liturgien – und dauert entsprechend lang. Die "Mutter aller Vigilien" besteht aus vier Elementen: der Lichtfeier, der Liturgie des Wortes, der Tauffeier und der Eucharistie, die aufeinander aufbauen. Die Corona-Maßnahmen erfordern von den Gemeinden und Priestern daher stellenweise Kreativität bei der Planung der Liturgien.

Rauch und Lichtschein des Osterfeuers in der Kirche

Das beginnt schon bei der Lichtfeier: Die Gemeindemitglieder können sich nicht wie sonst üblich am Osterfeuer versammeln, sondern müssen direkt in die Kirche einziehen und auf den ihnen zugewiesenen Plätzen bleiben. Lediglich die liturgischen Dienste wie Zelebranten und Ministranten nehmen an der Segnung des Osterfeuers und der Osterkerze außerhalb der Kirche teil. Mancherorts wird dieser Teil des Gottesdienstes dann über die Lautsprecheranlage in die Kirche übertragen. Werner Laub, leitender Pfarrer der Gesamtkirchengemeinde Stuttgart-West plant, das Osterfeuer näher an der Kirche als sonst zu platzieren. "Wir haben ein großes Kirchenportal. Ich denke, dann kann man den Rauch des Feuers vielleicht auch ein bisschen in der Kirche riechen", sagt er. Zudem würde das Feuer so auch einen Lichtschein in die dunkle Kirche werfen.

Wie eine Weitergabe des Lichts an die Gemeinde stattfinden kann, werde derzeit noch geplant, um möglicherweise auf verschärfte Infektionszahlen in der Stadt reagieren zu können, sagt Laub. Der Leiter des Deutschen Liturgischen Instituts, Marius Linnenborn, hält dieses Element der Liturgie der Osternacht aber für umsetzbar. "Alle tragen Masken und man sagt nichts dabei. Wenn man lange Kerzen benutzt, geht das auch coronakonform", sagt er. Die Pfarrei St. Nazarius im südhessischen Lorsch stellt dafür Kerzen an den Bankenden auf, die von den liturgischen Diensten entzündet werden und von denen die Gemeindemitglieder dann das Licht nehmen können.

Ein Mensch gibt das Licht der Osterkerze an einen anderen Menschen weiter
Bild: ©KNA/Harald Oppitz (Archivbild)

Die sonst in der Osternacht übliche Weitergabe des Lichts hält der Leiter des Deutschen Liturgischen Instituts, Marius Linnenborn, auch unter Corona-Bedingungen für möglich. Er schlägt dafür allerdings die Verwendung langer Kerzen vor.

Um die Infektionsgefahr zu senken, sollen lange Gottesdienste auch in der Osternacht vermieden werden. Der Lorscher Pfarrer Michael Bartmann wird die Liturgie trotzdem so feiern wie immer. Zeit sparen möchte er eher bei der Predigt und es stattdessen lieber bei einem kurzen Impuls belassen. "Ich denke, die Liturgie der Osternacht spricht für sich. Im Prinzip ist die ganze Osternacht eine Predigt", so Bartmann.

Dagegen sieht Gregor Giele, Propst der Propstei St. Trinitatis in Leipzig, in der Gestaltung einer Osterliturgie unter Corona-Bedingungen gerade eine Chance und eine kreative Herausforderung: "Damit verlieren manche Liturgien die Selbstverständlichkeit, die ihnen nicht gut getan hat", sagt er. Man müsse sich jetzt viel intensiver mit den Liturgien auseinandersetzen als in den Jahren zuvor – gerade wenn es darum geht, bestimmte Teile wegzulassen. "Das ist uns wichtig: Wir kürzen nicht nur, sondern versuchen, Liturgie dementsprechend zu gestalten."

Auch Taufen in der Osternacht wird verzichtet

In Leipzig wird daher beispielsweise die Taufwasserweihe in den Gottesdienst am Sonntagvormittag verlegt. Dann finden auch die Taufen zweier Kinder statt. Bartmann und Laub planen ebenfalls keine Taufen in der Osternacht – vor allem auch, weil erwachsene Taufwillige fehlen.

Eine Taufe in der Osternacht hält der Leiter des Liturgischen Instituts Linnenborn nur dann für sinnvoll, wenn es einen Jugendlichen oder Erwachsenen gibt, der gleichzeitig auch Firmung und Erstkommunion feiert. "Wenn man einen erwachsenen Menschen in der Gemeinde hat, der sich taufen lassen möchte, sollte man das tun, weil das so eine berührende Erfahrung für den Menschen und für die Gemeinde ist", sagt Linnenborn. Von einer Taufe von Kleinkindern oder Babys in der Osternacht rät er jedoch ab.

Das Display einer Kamera zeigt einen Priester bei der Probe für einen Gottesdienst, der wegen des Coronavirus ohne Besucher Live gestreamt wird.
Bild: ©picture alliance/Christophe Gateau/dpa (Archivbild)

Auch wenn er sich freue, wieder mehr Gesichter in der Kirche zu sehen, sei es wichtig, bei den Gottesdiensten in die Kamera zu schauen, sagt Propst Gregor Giele. "Da versammelt sich der Großteil der Gemeinde"

Die Frage was und wie viel in den Ostergottesdiensten gesungen werden kann, beschäftigt Pfarrer Laub derzeit in den Planungen. "Dürfen wir wirklich ein österliches Halleluja singen? Ich hoffe sehr, dass das irgendwie geht", sagt er. "Das österliche Halleluja war immer schon nach der Fastenzeit ein Erlösungsruf der Gemeinde. Und den hätte ich schon gerne dramaturgisch gut gesetzt." Ob das möglich ist, hängt nun aber von der weiteren Entwicklung der Corona-Pandemie und den Vorgaben seiner Diözese ab. Denn grundsätzlich geben trotz aller Gestaltungsmöglichkeiten die Bistümer konkrete Vorgaben für die Umsetzung der Gottesdienste der Kar- und Osterzeit.

Generell rät Linnenborn dazu, die Gottesdienste in der Heiligen Woche zu "entzerren" und neben den großen Liturgien auch kleinere Gebetszeiten zu feiern: "So können verschiedene Formen praktiziert werden, die es sonst noch nicht gab – beispielsweise die Trauermetten am Karfreitag und Karsamstag oder eine Vesper am Ostersonntag", sagt Linnenborn. Dann hätten bei eingeschränkter Platzzahl in der Kirche auch mehr Menschen die Möglichkeit, an diesen Tagen einen Gottesdienst zu feiern. Darüber hinaus gibt es in zahlreichen Gemeinden, Pfarreien und Bistümern digitale Angebote sowie Vorlagen für Hausgottesdienste und Feiern für die Kar- und Osterzeit.

"Da versammelt sich der Großteil der Gemeinde"

Um mehr Menschen einen Platz zu bieten, wird die Osternacht in Leipzig gleichzeitig in der Kirche und im Gemeindesaal gefeiert. Über wechselnde Einspielungen aus dem jeweils anderen Raum werde zunächst ein gemeinsamer Gottesdienst gefeiert, erklärt Propst Giele. Ab dem Gloria würden dann zwei Gottesdienste parallel gefeiert. Livestream-Übertragungen aus der Kirche zu Ostern gab es bereits im vergangenen Jahr. Da zu dem Zeitpunkt bereits ein entsprechendes System in der Propsteikirche installiert war, feierte der Dresdner Bischof Heinrich Timmerevers die Ostergottesdienste in Leipzig. Und auch in diesem Jahr sollen Gottesdienste aus seiner Gemeinde wieder live übertragen werden, sagt Giele. Auch wenn er sich freue, wieder mehr Gesichter in der Kirche zu sehen, sei es wichtig, bei den Gottesdiensten in die Kamera zu schauen, "denn dahinter sitzen 1.000 Leute oder noch mehr", sagt der Propst. "Da versammelt sich der Großteil der Gemeinde".  

Trotz aller Beschränkungen durch die Corona-Pandemie sollen Christen also in diesem Jahr wieder die Auferstehung Jesu feiern können – auch in den Kirchen. In der Erklärung nach ihrer Frühjahrsvollversammlung betonten die Bischöfe der Freisinger Bischofskonferenz in der vergangenen Woche, es sei ihnen wichtig, "dass die Menschen wissen, dass die Kirche an den Kar- und Ostertagen da sein wird, um mit ihnen Gottesdienste zu feiern." Auch wenn strenge Hygieneregeln herrschen würden – "das Fest der Auferstehung Christi findet statt!"

Von Christoph Brüwer