Nach Vorstellung von Missbrauchsgutachten und Konsequenzen

ZdK-Präsident Sternberg zu Köln: Worten müssen Taten folgen

Veröffentlicht am 24.03.2021 um 12:35 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Das Kölner Missbrauchgutachten ist veröffentlicht, geplante Konsequenzen wurden vorgestellt: "Jetzt müssen den Worten Taten folgen", betont ZdK-Präsident Thomas Sternberg. Laien- und Jugendverbände halten die angekündigten Maßnahmen für unzureichend.

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Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) mahnt das Erzbistum Köln, angekündigte Maßnahmen im Missbrauchskomplex auch umzusetzen. "Jetzt müssen den Worten Taten folgen", erklärte Präsident Thomas Sternberg am Mittwoch in Bonn. An den Ankündigungen würden sich das Erzbistum Köln, Erzbischof Rainer Maria Woelki und die Kölner Kirchenverwaltung messen lassen müssen.

Vergangene Woche hatten Juristen ein Missbrauchsgutachten im Auftrag des Erzbistums Köln vorgestellt. Sie untersuchten auch, ob hohe Amtsträger wie Erzbischöfe, Generalvikare und Personalchefs Missbrauch vertuschten und Täter schützten. In 24 von 236 Akten aus den Jahren 1975 bis 2018 stießen sie auf insgesamt 75 Pflichtverletzungen. Dennoch sprachen die Gutachter nicht von systematischer, wohl aber von systembedingter Vertuschung. Am Dienstag stellte Kardinal Woelki eine Reihe an organisatorischen Maßnahmen als Konsequenz aus dem Gutachten vor.

"Offenbar ist viel zu lange nicht nur in Köln zu wenig passiert"

Sternberg begrüßte unter anderem, dass sich Woelki für Änderungen im Kirchenrecht einsetzen und die Priesterausbildung verändern will. Zugleich forderte er eine weitere Aufarbeitung, die unabhängig und interdisziplinär erfolgen müsse. "Juristische Gutachten lösen nicht alle Fragen, so wichtig sie sind", sagte der ZdK-Präsident. Erstaunt zeigte er sich über die Ankündigung des Erzbistums, Personalverantwortliche besser schulen zu wollen. "Offenbar ist viel zu lange nicht nur in Köln zu wenig passiert." Standard der Aufarbeitung sei längst eine "klare Betroffenenorientierung" anstelle einer "reinen Täterperspektive".

Die systemischen Ursachen für sexualisierte Gewalt sowie ihre Vertuschung seien Anlass für den Reformdialog Synodaler Weg, betonte Sternberg. Er erhoffe sich nun "eine intensive Beteiligung" durch Kardinal Woelki. Im Synodalen Weg beraten deutsche Bischöfe und Laienvertreter seit 2019 über die Zukunft der katholischen Kirche. In der Debatte geht es vor allem um die Themen Macht, Priestertum und Sexualmoral sowie um die Rolle von Frauen. Woelki hat sich teilweise kritisch über das Format geäußert.

Bild: ©KNA (Archivbild)

ZdK-Präsident Thomas Sternberg.

Katholische Laien- und Jugendverbände halten die angekündigten Maßnahmen nach der Vorstellung eines Missbrauchsgutachtens im Erzbistum Köln für unzureichend. Der Diözesanrat der Katholiken forderte am Dienstag in Köln, dass in der Missbrauchsaufarbeitung nicht nur enge juristische, sondern auch moralische Standards zum Tragen kommen. "Wer aus moralischer Sicht schwere Verfehlungen auf sich geladen hat, kann die Institution schwer glaubwürdig repräsentieren." Notwendig sei ein öffentliches Schuldbekenntnis im Dom. Maßnahmen wie etwa fälschungssichere Akten bezeichnete der Diözesanrat als Selbstverständlichkeiten. "Die Aufarbeitung muss nun mit aller Konsequenz vorangetrieben und die Maßnahmen weiterentwickelt werden", mahnte das Gremium.

Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) im Erzbistum Köln forderte, dass auch Missbrauch begünstigende Faktoren wie Macht, Klerikalismus und Sexualmoral anzugehen seien. Der Verband mahnte ebenfalls eine moralische Verantwortungsübernahme an. "Jede*r, der*die über Missbrauchstaten und den Umgang mit diesen Bescheid wusste, hat zumindest moralische Verantwortung zu tragen", so der Verband. "Diese lässt sich nicht juristisch klären."

Koch: Missbrauchsfolgen sind nicht mehr gutzumachen

Der Berliner Erzbischof Heiner Koch forderte unterdessen angesichts von Missbrauchsfällen durch Priester und Kirchenangestellte einen Wandel in der Kirche. Vieles müsse sich grundlegend ändern in der katholischen Kirche, sagte Koch am Mittwoch im RBB-Inforadio. "Diejenigen, denen Leid angetan wurde, die müssen in den Mittelpunkt gestellt werden. Deren Wohl muss uns im Wesentlichen im Auge liegen", sagte der Erzbischof.

Ihn beeindruckten am meisten immer die Gespräche mit Betroffenen von sexuellem Missbrauch durch Geistliche und Kirchenmitarbeiter, sagte Koch weiter: "Das ist furchtbar, wie das ein ganzes Leben zerstören kann. Das ist überhaupt nicht mehr gutzumachen." Die katholische Kirche sei den Betroffenen die Aufarbeitung und die Schlussfolgerungen, die daraus gezogen werden, schuldig, sagte Koch. Und dass durch Prävention weitere derartige Verbrechen verhindert werden. Der 66-jährige Berliner Erzbischof war Weihbischof in Köln, ehe er über das Bistum Dresden-Meißen im Jahre 2015 nach Berlin kam. - Zur Aufarbeitung von Missbrauch im Erzbistum Berlin gibt es ebenfalls ein Gutachten. Eine eigens berufene Gutachten-Kommission wird laut Koch auch Namen von Beschuldigten nennen. (tmg/KNA/epd)