Standpunkt

Franziskus war einverstanden mit dem "Nein" der Glaubenskongregation

Veröffentlicht am 25.03.2021 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Anzeichen dafür zu suchen, dass Papst Franziskus das "Nein" der Glaubenskongregation zur Segnung homosexueller Paare insgeheim nicht billigt, hat wenig Sinn, meint Gudrun Sailer. Die Aufteilung in einen "guten Papst" und einen "bösen Vatikan" gehe nicht auf.

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Das "Nein" steht da, und es verletzt – wie jedes autoritäre Nein, das aufkeimende Hoffnungen auf ein "Vielleicht irgendwann" in einem derart persönlichen Bereich wie einer Paarbeziehung zunichtemacht. Andererseits konnte die Glaubenskongregation auf die ihr vorgelegte Frage in der Substanz kaum anders antworten als so, wie sie es getan hat. Ihr "Nein" entspricht der heute gültigen katholischen Lehrposition. Höchste lehramtliche Dokumente, die gelebte Homosexualität billigen würden, gibt es nicht. Und die kirchliche Lehre weiterzuentwickeln, gehört nicht zu den Aufgaben der Glaubenskongregation.

Natürlich hätte Papst Franziskus das jüngste Schreiben aus der Glaubenskongregation zurückhalten können, vorläufig oder überhaupt. Er hat es aber genehmigt und hinausgehen lassen. Wenn jetzt einige namhafte Vatikanbeobachter (so Gerald O´Connell von der Jesuitenzeitschrift America Magazine) unter Berufung auf anonyme Vatikanmitarbeiter und die Worte des Papstes beim Angelus letzten Sonntag berichten, Franziskus sei in Wirklichkeit nicht einverstanden mit dem "Nein" zur Segnung gleichgeschlechtlicher Verbindungen, kann man darin den Versuch sehen, den Papst in Schutz zu nehmen vor dem Entsetzen, das ihm jetzt aus der Kirche in Deutschland und anderen (nicht allen) Teilen der Welt entgegenschlägt. Ein ähnlicher Reflex war schon bei früheren Vatikan-Papieren zu beobachten, etwa als der Ökumenerat sein Nein zur Gastfreundschaft bei Eucharistie und Abendmahl deponierte oder die Kleruskongregation das Pfarreien-Reformvorhaben durchkreuzte, Laien planmäßig mit der Leitung von Gemeinden zu betrauen.

Die Versuche, Papst Franziskus "herauszuschlagen" aus der Verantwortung für solche offensichtlich häufiger werdenden "Neins" des Heiligen Stuhles zu verschiedenen Entwicklungen in den Ortskirchen sind ohne Zweifel gutgemeint. Gut sind sie deshalb noch lange nicht. Die Trennung in einen "guten Papst" und einen "bösen Vatikan" mag für manche eine tröstliche Vorstellung sein, aber sie geht an der Realität vorbei. Nebenbei unterstellt sie, Franziskus sei ein schwacher Papst, der keinen Einfluss auf die Arbeit seiner Behörden habe.

Nein, Franziskus steht nicht als geheimer Held mit gebundenen Händen inmitten einer Schar renitenter Beamter. Er trägt die Verantwortung für die lehramtlichen Entscheidungen, die in seinem Pontifikat aus Rom kommen. Er trägt auch die Verantwortung für ihre Folgen.

Von Gudrun Sailer

Die Autorin

Gudrun Sailer ist Redakteurin bei "Vatican News".

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin wider.