Becker kritisiert "Versagen, Fehlverhalten und schlimme Verbrechen"
Der Zustand der katholischen Kirche in Deutschland ist nach den Worten des Paderborner Erzbischofs Hans-Josef Becker nicht gut. Da gebe es nichts zu beschönigen. "Es hat Versagen, Fehlverhalten und auch schlimme Verbrechen gegeben", so Becker in der "Rheinischen Post" (Samstag). Aus falscher Sorge um das Ansehen der Kirche, so der 72-Jährige, "wurden die Täter geschützt und wurde häufig den Betroffenen nicht genügend Schutz gewährt. Ich selbst empfinde eine große Scham, dass so viel Leid und Unrecht geschehen konnte."
Becker verwies darauf, dass für die sexualisierte Gewalt "auch systemische Gründe" verantwortlich seien. Und: "Die Opfer müssen oberste Priorität haben, und nicht der Schutz der Institution." Andererseits helfe es angesichts der Lage der Kirche nicht, jetzt "ins Jammern zu verfallen" und einen Zustand von Kirche herbeizusehnen, den es in dieser Form auch in seiner Jugend schon nicht mehr gegeben habe.
Apostel überfordert
Zugleich erinnerte Becker an den "Realisten" Jesus. "Er hatte einen Stab von Aposteln um sich, die nach rein menschlichem Ermessen schon damals völlig überfordert für diese große Aufgabe schienen." Laut Erzbischof Becker würde man heute vielleicht sogar sagen: "Es waren Verlierertypen." Mit ihnen hätte die Kirche eigentlich von Anfang an scheitern müssen. Und doch habe Jesus sich auf sie eingelassen, und sie seien ihm letztlich bis in den Tod gefolgt. "Die Menschen sind, wie sie sind, und das wird sich auch nicht ändern."
Zuletzt hatte die Missbrauchsaufarbeitung im Erzbistum Köln Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Ein von der Diözese in Auftrag gegebenes Gutachten hatte zahlreiche Pflichtverletzungen von Kirchenoberen im Umgang mit Verdachtsfällen zu Tage gebracht. Daraufhin wurden mehrere Bischöfe vorübergehend freigestellt, der Hamburger Erzbischof Stefan Heße bot dem Papst seinen Rücktritt an. Der viel kritisierte Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki wurde durch das Gutachten entlastet. (cph/KNA)