Vatikan: Weniger Seminare führen nicht notwendig zu weniger Fakultäten
Der Untersekretär in der vatikanischen Bildungskongregation, Friedrich Bechina, sieht durch die Zusammenlegung von Priesterseminaren nicht zwingend die Standorte von theologischen Fakultäten in Gefahr. In einem Interview mit der “Herder Korrespondenz” (Mai-Ausgabe) betonte Bechina, dass Papst Franziskus in der Apostolischen Konstitution Veritatis Gaudium über die kirchlichen Fakultäten (2017) Wert darauf gelegt habe, dass theologische Studien nicht nur der Ausbildung für die Pastoral dienten. Kirchliche Studien sind der Konstitution zufolge auch "eine Art günstiges kulturelles Laboratorium, in dem die Kirche jene performative Interpretation der Wirklichkeit ausübt, die dem Christusereignis entspringt und sich aus den Gaben der Weisheit und der Wissenschaft speist, durch die der Heilige Geist in verschiedener Weise das ganze Volk Gottes bereichert". Darauf müssten sich die Fakultäten aber auch einlassen: Um dieses Ziel zu erreichen, hätten sie eine Bringschuld, so Bechina.
Eine eventuell nötigen Änderung von Konkordaten zwischen Staat und Kirche, in denen die theologischen Fakultäten an staatlichen Universitäten geregelt sind, stellt dabei für den Untersekretär kein Problem dar. "Da sich Zeiten und Situationen permanent ändern, muss diese Beziehung laufend aktualisiert werden", so Bechina. Unter anderem bezog er sich damit auf die Theologie an der Universität Bochum, wo die Fakultät trotz des Wegfalls der Priesterausbildung erhalten werden konnte.
Bedeutung zentralisierter Einrichtungen nehme ab
Nach Ansicht Bechinas nimmt die Bedeutung und Wirksamkeit von "großen, zentralisierten und oft recht schwerfälligen Einheiten und Institutionen" ab. Eine Konzentration angesichts des veränderten Umfelds und Studieninteresses sei aber dennoch nötig, "jedoch Konzentration in Vielfalt, Konzentration durch Netzwerke und Zusammenarbeit". So könne Theologie relevant bleiben und ihren Dienst für Kirche und Gesellschaft leisten.
Kirchliche und staatliche Fakultäten und Hochschulen dürfe man nicht gegeneinander ausspielen; beide Formen der theologischen Ausbildung erfüllten wichtige Ziele. "Viele Studenten wollen nicht einfach studieren, sondern suchen zusammen mit dem Erlernen des kritischen Denkens eine eigene existenzielle und durchaus positive Erfahrung von Kirche und Spiritualität", betont Bechina. Daher seien Standorte, die auf diese Bedürfnisse eingehen, attraktiver als "die theologische Standardfakultät, die sich von anderen kaum unterscheidet".
Debatten über Zukunft der kirchlichen Studien in Deutschland
In Deutschland wird derzeit intensiv über die Zukunft der theologischen Fakultäten diskutiert. Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) berät über eine Reduzierung der Standorte für die Priesterausbildung. Als mögliche künftige Ausbildungsorte werden derzeit Münster, Mainz beziehungsweise Frankfurt-Sankt Georgen und München erwogen, außerdem ist Erfurt im Gespräch. Die Frage der Priesterausbildung ist auch für die theologischen Fakultäten an staatlichen Universitäten relevant, da diese in der Regel über Staats-Kirchen-Verträge garantiert sind, die sich auf die Priesterausbildung beziehen.
Auch die kirchliche Hochschullandschaft ist im Umbruch. In Köln ist die Hochschule für Katholische Theologie (KHKT) 2020 unter der neuen Trägerschaft des Erzbistums Köln aus der Hochschule der Steyler Missionare in Sankt Augustin hervorgegangen, seit Jahren gibt es Pläne für eine Theologische Hochschule mehrerer Orden in Berlin. (fxn)