Auch Glaubenskongregation handle im Namen des Papstes

Weishaupt widerspricht Schüller: Segnungen stellen Schisma dar

Veröffentlicht am 12.05.2021 um 14:24 Uhr – Lesedauer: 

Roermond ‐ Finden Segnungen homosexueller Paare im Ungehorsam gegen den Papst statt und ziehen sich die Seelsorger sogar die Exkommunikation zu? So sieht es Kirchenrechtler Gero P. Weishaupt und widerspricht seinem Münsteraner Kollegen Thomas Schüller deutlich.

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Der Roermonder Kirchenrechtler Gero P. Weishaupt hält an seiner Position fest, dass sich Priester, die Segnungsfeiern für gleichgeschlechtliche Paare durchführen, und Bischöfe, die dies dulden, die Exkommunikation zuziehen. In einer Stellungnahme, die katholisch.de vorliegt, weist Weishaupt die Position des Münsteraner Kirchenrechtlers Thomas Schüller zurück, der am Donnerstag in einem Gastbeitrag argumentiert hatte, dass durch die Segnungsfeiern das Gehorsamsverhältnis zum Papst nicht betroffen sei und damit auch keine Exkommunikation im Raum stünde. "Ein schismatischer Akt läge nur vor, wenn die Unterordnung unter den Papst derart verweigert würde, dass weder sein Jurisdiktions- noch sein Lehrprimat anerkannt würden", so Schüller.

Dagegen stellt Weishaupt fest, dass der Lehrprimat des Papstes nicht auf "formell verkündete Dogmen und damit zuinnerst zusammenhängende Glaubenswahrheiten" begrenzt sei. "Das wäre eine Verkürzung des Lehrprimates des Papstes", so der Kanonist. Alle Lehraussagen, die der Papst selbst oder eines seiner Dikasterien, insbesondere die Glaubenskongregation, formuliere, seien in je eigener Weise und Stufung Ausdruck des Lehrprimates des Papstes. "Die Kurie arbeitet im Namen des Papstes und immer in seiner Autorität", betont Weishaupt. Die Form sei dabei zweitrangig. Das Nein zur Segnung homosexueller Partnerschaften der Glaubenskongregation beziehe seine Autorität nicht aus "äußeren formalen Kriterien", sondern aus der "in der Offenbarung und der menschlichen Vernunft grundgelegten Wahrheit von der Ehe zwischen Mann und Frau", so Weishaupt weiter. Schüller hatte dagegen angeführt, dass die Glaubenskongregation keine Trägerin des Lehramts sei.

Position zur Homosexualität aufs Engste mit der Offenbarung verknüpft

Während der Münsteraner Theologe sich dagegen aussprach, dass die Segnungen den Tatbestand des Schismas verwirklichten, verweist Weishaupt darauf, dass ein Schisma durch eine dauerhafte Verweigerung der Unterordnung unter den Papst gekennzeichnet sei. Das sei in Deutschland in der Frage der Segnungen wie auch bei anderen Themen wie dem Zugang von Frauen zu Weiheämtern gegeben. Die Argumentation der Glaubenskongregation stütze sich auf die "Offenbarung, die Tradition und das hellenistisch-römische Naturrechtsverständnis, wie es sich die Kirche angeeignet hat" und das "bekanntlich keine Eigenlehre der Katholischen Kirche ist", so Weishaupt. Auch ohne ein Tätigwerden der kirchlichen Obrigkeit trete beim Vorliegen des Tatbestands eines Schismas die Tatstrafe der Exkommunikation ein. Im äußeren Rechtsbereich werde diese erst durch eine Feststellung der zuständigen kirchlichen Obrigkeit offenbar. Der Tatbestand der Häresie sei jedoch noch nicht erfüllt, "weil diese Glaubenslehre noch nicht formell als von Gott geoffenbarte Wahrheit und von der Kirche als solche vorgelegt worden ist". Gleichwohl sei die Unmöglichkeit der Segnung homosexueller Partnerschaften aber aufs Engste mit der Offenbarung verbunden und gehöre zum Glaubensgut der Kirche, betont Weishaupt.

Segnung eines homosexuellen Paars
Bild: ©KNA/Rudolf Wichert (Archivbild)

Ein Priester segnet ein homosexuelles Paar und hält ihre Hände.

Schüller führte zudem für Bischöfe ein Remonstrationsrecht gegen die Entscheidung der Glaubenskongregation an, von dem sie durch ihren Protest und die Duldung der Segnungen Gebrauch gemacht hätten: "Inhaltlich ist es nicht nur ein Recht, sondern sogar die Pflicht eines Diözesanbischofs, einem päpstlichen Gesetz zu widersprechen, wenn es ihm für die ihm anvertraute Diözese – also die ihm anvertrauten Gläubigen – als unpassend oder sogar schädlich erscheint." Weishaupt stimmt zwar zu, dass Bischöfen ein Remonstrationsrecht zusteht, betont aber, dass ein Widerspruch gegen päpstliche Gesetze nicht bedeute, dass Bischöfe diese auch aussetzen könnten. Zudem gelte das Remonstrationsrecht lediglich bei rein kirchlichen Gesetzen, nicht in Bezug auf Gesetze, die göttliches Recht oder Naturrecht festschreiben. Dies habe Schüller bei seiner Argumentation unterschlagen.

Bisher keine Sanktionen gegen Seelsorger bekannt

Die Segnungen von homosexuellen Paaren um den 10. Mai hatten weltweit für Aufsehen gesorgt. Seitens der Deutschen Bischofskonferenz sagte der Vorsitzende, Bischof Georg Bätzing, dass er die öffentlichkeitswirksame Aktion "nicht für ein hilfreiches Zeichen und einen weiterführenden Weg" halte. Stattdessen seien die Beratungen im Rahmen des Synodalen Wegs der richtige Ort für eine angemessene Erörterung der Frage nach Segnungsgottesdiensten. Der Aachener Bischof Helmut Dieser hatte Ende April erklärt, er könne zwar keinen Auftrag für die Segnung homosexueller Paare geben, betonte aber, dass Seelsorger ihrem Gewissen verpflichtet seien. Sanktionen gegenüber Seelsorgern, die an den insgesamt über 110 öffentlichen Segnungsgottesdiensten teilgenommen haben, sind nicht bekannt.

Der gebürtige Aachener Gero P. Weishaupt ist Priester des niederländischen Bistums Roermond und seit 1988 dort am Kirchengericht tätig, zunächst als Anwalt, ab 1996 als Diözesanrichter. Außerdem ist er Diözesanrichter am Erzbischöflichen Offizialat des Erzbistums Köln und Richter des Interdiözesanen Strafgerichtes der niederländischen Kirchenprovinz. Er lehrt als Dozent für Kirchenrecht am Bischöflichen Priesterseminar des Bistums Roermond. Thomas Schüller ist seit 2009 Professor für Kirchenrecht an der Universität Münster und leitet dort das Institut für Kanonisches Recht. (fxn)