Organisatoren: ÖKT konnte ökumenische Selbstverständlichkeiten zeigen
Die Organisatoren des dritten Ökumenischen Kirchentags (ÖKT) in Frankfurt sehen greifbare Fortschritte in der Ökumene. Bei der Abschlusspressekonferenz am Sonntagmittag zogen die Veranstalter, der Deutsche Evangelische Kirchentag und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) eine positive Bilanz. Die evangelische ÖKT-Präsidentin Bettina Limperg bezeichnete die Gottesdienste als ihren persönlichen Höhepunkt des Kirchentags. Dabei habe man viel von der ökumenischen Selbstverständlichkeit zeigen können, die in den vergangenen Jahren erarbeitet wurde. Auch der katholische Präsident Thomas Sternberg hob auf die ökumenische Gastfreundschaft ab. Die Entscheidung der beiden Präsidenten, an Eucharistie und Abendmahl der jeweils anderen Konfession teilzunehmen, sei nicht leichtfertig gefallen. Sternberg habe zwar schon häufiger am evangelischen Abendmahl teilgenommen, beim ÖKT allerdings zum ersten Mahl öffentlich.
"Wir sind deutlich weiter als früher und sind in der Lage, ein klares Zeugnis zu formulieren", so Sternberg. Er ermunterte die Christen, ökumenische Gastfreundschaft zu gewähren und das auch öffentlich zu machen. Man tue das, was in konfessionsverbindenden Familien Woche für Woche passiere: "Das gemeinsame ökumenische Leben umsetzen." Auf die im Vorfeld geäußerte Kritik von Kardinal Gerhard Ludwig Müller, Interkommunion sei ein Affront gegen das Lehramt, entgegnete der Präsident des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken, dass er nicht für sich in Anspruch nehme, dass seine Teilnahme am Abendmahl ein authentischer Ausdruck der katholischen Lehre sei. Es sei eine Gewissensentscheidung, die man heute nicht mehr in Grauzonen und ins Verborgene "abdrücken" könnte. Ökumene laufe nicht von oben nach unten, sondern von unten nach oben. Was in Frankfurt geschehen sei, sei nicht kirchentrennend, sondern etwas, was weltweit eine Selbstverständlichkeit ist.
Ökumene mit anderen Konfessionen noch nicht so weit
Limperg sagte, sie sei "mit einem geprüften Gewissen guten Gewissens an den Tisch des Herrn" getreten. Sie habe sich wirklich willkommen und eingeladen gefühlt. Auch Sternberg betonte, wie gastfreundlich aufgenommen er sich gefühlt habe. Durch die sorgfältige liturgische Gestaltung sei ihm bewusst geworden, wie nah man sich bereits sei. "Wir vertrauen auf den Glauben der Anderen und darauf, dass nicht wir entscheiden, ob das richtige Eucharistie ist, sondern dass Christus der Einladende ist", so der ZdK-Präsident.
Mit Blick auf die orthodoxen Kirchen sah Sternberg ähnliche Bewegungen als noch in weiter Ferne an. Daher brauche es noch weitere theologische Auseinandersetzungen mit der Ökumene. "Man kann nicht so tun, als sei das banal", so der ZdK-Präsident. Limperg sah insbesondere im Amtsverständnis und in der Stellung der Frau in den Konfessionen Themen, bei denen noch ökumenischer Konsens ausstehe.
Die geringe Einbeziehung von Missbrauchsbetroffenen wurde auf Nachfrage damit begründet, dass ein digitales Event dabei an seine Grenzen stoße. "Digital ist im Stream komplett öffentlich", so Limperg. Beim Evangelischen Kirchentag in Dortmund habe man Veranstaltungen mit Betroffenen in geschlossenen Räumen und mit begrenzter Berichterstattung gehabt, das sei beim ÖKT nicht möglich gewesen, was "in der Breite nicht zu vollständig befriedigenden Ergebnissen" geführt habe. Man sei aber weiter am Lernen. Im Vorfeld habe es viele Gespräche mit Betroffenen gegeben. Das Thema nehme man ernst und habe es auch bewusst ins "Wort zum ÖKT" aufgenommen.
ZdK-Präsident Sternberg betonte, dass man von Beteiligung von Betroffenen nicht einfordern sollte, wie man sich präsentiert und äußert. "Themen, die fraglos viele interessieren, gehören nicht immer auf den Markt", so Sternberg. Missbrauchsbetroffene kamen am Samstag nur mit zwei kurzen Statements im Rahmen einer thematischen Stunde zum Thema Macht zu Wort. Eine von ihnen, Katharina Kracht, die dem EKD-Betroffenenbeirat angehört, hatte die Form der Beteiligung beim ÖKT massiv kritisiert. "Besser kann man es gar nicht zeigen, wie die kirchliche Praxis ist", kommentierte sie den Ablauf der Veranstaltung, in der sie zugeschaltet wurde, auf Twitter. "'Betroffenen Raum geben' = 7 Minuten." Sie habe intensiv versucht, auf den Verlauf der Veranstaltung einzuwirken, "aber "es ist ja alles schon organisiert'".
Auch künftig konfessionelle Kirchen- und Katholikentage
Mit den Zahlen zeigten sich die Organisatoren zufrieden. Insgesamt gab es beim Livestream über 155.000 Zugriffe bei den über 100 einzelnen Veranstaltungen, der Eröffnungsgottesdienst erreichte bei einer Einschaltquote von neun Prozent über eine Million Zuschauer. Beim letzten ökumenischen Kirchentag in München 2010 waren es 125.000 Dauerteilnehmer. Trotz der positiven Bilanz für den ÖKT halten beide Veranstalter an Katholikentagen und evangelischen Kirchentagen fest. Sternberg würdigte die jeweils eigenen Traditionen und Schwerpunktsetzungen der im zweijährlichen Wechsel stattfindenden Großveranstaltungen, die auch mit konfessionellen Organisatoren ökumenisch seien.
Der dritte Ökumenische Kirchentag fand von Donnerstag bis Sonntag in Frankfurt am Main und "digital und dezentral" an über 100 Orten statt. Aufgrund der Corona-Pandemie war keine Teilnahme vor Ort möglich. Nach den Ökumenischen Kirchentagen in Berlin (2003) und München (2010) sollte nach 11 Jahren wieder ein gemeinsamer Kirchentag mit über Hunderttausend Teilnehmenden stattfinden. Die nächsten Kirchentage sind der 102. Deutsche Katholikentag 2022 in Stuttgart (25.–29. Mai 2022) und der 38. Deutsche Evangelische Kirchentag 2023 (7.–11. Juni 2023). Im kommenden Jahr findet außerdem die 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Karlsruhe statt (31. August – 8. September 2022). Konkrete Pläne für einen weiteren Ökumenischen Kirchentag sind noch nicht bekannt. (fxn)