"Der Rechtsstaat lebt von Beweisen, nicht von Gerüchten"

Vertuschungsvorwürfe: Erzbistum Köln weist "Bild"-Berichte zurück

Veröffentlicht am 18.05.2021 um 09:59 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ "Nicht gerechtfertigte Vertuschungsvorwürfe": Das Erzbistum Köln hat Berichte der "Bild"-Zeitung zum Umgang mit Missbrauchsfällen in der Erzdiözese zurückgewiesen. Der Rechtsstaat lebe von Beweisen, nicht von Gerüchten.

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Das Erzbistum Köln wehrt sich gegen Berichte der "Bild"-Zeitung zum Umgang mit Missbrauchsfällen in der Erzdiözese. Die Zeitung versuche gerade, "in einer Reihe von Berichten nicht gerechtfertigte Vertuschungsvorwürfe zu konstruieren", erklärte das Erzbistum am Montag. Die Vorwürfe gründeten auf "alten anonymen Schreiben". Es handele sich "um eine anonyme kleine Sammlung mit nicht belegten und in keiner Weise nachprüfbaren Verdächtigungen, die durch sämtliche beteiligte Personen bestritten" worden seien. Jedes der "Bild"-Zeitung vorliegende Schreiben aus der Sammlung sei bereits in der unabhängigen Untersuchung des Kölner Strafrechtlers Björn Gercke überprüft und bewertet worden, so das Erzbistum.

"Der Rechtsstaat lebt von Beweisen, nicht von Gerüchten"

Kein weltliches Unternehmen und auch nicht das Erzbistum dürfe seine Personalentscheidungen auf Gerüchte gründen und schon gar nicht auf anonyme Anschuldigungen, hieß es weiter. Zudem müssten anonyme Schreiben nach der Beschwerdeordnung im Erzbistum Köln eigentlich vernichtet werden. "Um hier auch nur dem leisesten Verdacht nachzugehen, wurde das Erzbistum trotzdem immer wieder tätig, hat aus Verantwortung mit den betreffenden Personen gesprochen und oft ein psychologisches Gutachten in Auftrag gegeben", betonte die Erzdiözese. Wenn Ermittlungen notwendig würden, leite man den Verdachtsfall auf Basis der Interventionsverordnung konsequent an die Staatsanwaltschaft weiter.

"Der Rechtsstaat lebt von Beweisen, nicht von Gerüchten", so die Erzdiözese weiter. Es sei erklärter Wille des Erzbischofs von Köln, dass sich Menschen in den Veranstaltungen und Einrichtungen des Erzbistums sicher fühlen und sexualisierte Gewalt in der Kirche nicht mehr vorkommen solle. Die Aufarbeitung dieser Gewalt sei ein zentrales Anliegen des Erzbistums. "Dazu braucht es Belege, Aussagen von Zeugen und Beweise. Gerüchte helfen nicht."

Debatte um stellvertretenden Stadtdechanten von Düsseldorf

Die "Bild"-Zeitung hatte zuletzt unter anderem berichtet, Kardinal Rainer Maria Woelki habe im Jahr 2017 einen geständigen Missbrauchstäter zum stellvertretenden Stadtdechanten von Düsseldorf ernannt. Das Erzbistum hatte dieser Darstellung Ende April widersprochen. Nach heutigem Kenntnisstand habe der Erzbischof zu keinem Zeitpunkt einen Geistlichen befördert, der nach damals geltendem Recht mit Kindesmissbrauch zu tun hatte, hieß es damals.

Zum Zeitpunkt der Ernennung sei lediglich ein nicht strafbarer Vorfall aus dem Jahr 2001 eindeutig belegt gewesen. Zudem sei ein psychologisches Gutachten eingeholt worden, das dem Priester eine uneingeschränkte Einsatzfähigkeit in der Seelsorge attestiert habe. Zwischenzeitlich hat das Erzbistum den Priester wegen Missbrauchs von Schutzbefohlenen angezeigt. Ende 2020 habe die Stabsstelle Intervention neue Erkenntnisse zu einem Vorwurf gegen den Geistlichen aus dem Jahr 1995 erhalten, ein kirchenrechtliches Verfahren eröffnet und auch die Staatsanwaltschaft eingeschaltet, hieß es. Dort wurden die Ermittlungen jedoch inzwischen wegen Verjährung eingestellt. Der Fall des Priesters ist auch Thema im Missbrauchsgutachten des Kölner Strafrechtlers Björn Gercke, der im Gegensatz zum nicht veröffentlichten Gutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl keine Pflichtverletzungen von Amtsträgern im Umgang mit diesem Fall sieht. (stz)