Oster: Marx' Entscheidung forciert unsere Fragen in Deutschland
Passaus Bischof Stefan Oster (56) war dieser Tage anlässlich eines Katechesekongresses in Rom. Am Freitag sprach er mit Papst Franziskus, allerdings nicht über den Rücktritt von Kardinal Marx. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) redete mit Oster am Samstag über die Entscheidung des Münchner Erzbischofs, synodale Wege und Folgen aus der Pandemie.
Frage: Herr Bischof, was war Ihre Reaktion auf die Rücktrittsankündigung von Kardinal Marx? Wie bewerten Sie seinen Schritt?
Oster: Ich war sehr überrascht. Nachdem ich aber seine Erklärung gelesen habe, ist es für mich plausibler geworden. In den vergangenen Monaten und auch Jahren habe ich Reinhard Marx oft auch sehr, sehr nachdenklich erlebt und dann bekommt dieser Schritt doch eine gewisse Schlüssigkeit und Souveränität. Sein Schritt forciert noch einmal die Frage der Kirche in Deutschland: Wie sind wir miteinander unterwegs? Da hat Marx eine gewichtige Stimme. Mal schauen, was der Papst damit macht, ob er den Rücktritt annimmt.
Frage: Ist Franziskus jetzt verzweifelt, weil er derzeit solche Brocken auf dem Tisch liegen hat: Köln, Marx und die Aufgabe, mit dem Synodalen Weg in Deutschland umzugehen?
Oster: Ich habe den Papst gestern getroffen, und er ist alles andere als verzweifelt. Ich habe ihn guten Mutes erlebt. Der Papst weiß um die Situation der Kirche in Deutschland, auch um die Probleme; aber mir scheint, er ist im inneren Frieden.
Frage: Welche Möglichkeiten sehen Sie, den Synodalen Weg in Deutschland mit dem weltweiten Prozess zu koordinieren?
Oster: Ich bin gespannt. Wir werden im Ständigen Rat darüber sprechen; noch gibt es keine Absprache unter uns Bischöfen. Wir müssen das miteinander verbinden, weil wir nicht zwei synodale Wege parallel fahren können.
Frage: Wie bewerten Sie die Papst-Initiative zu dem weltweiten synodalen Weg?
Oster: Mit der Initiative an sich überrascht mich der Papst nicht, allenfalls damit, dass sie so groß wird. Vor der Jugendsynode 2018 erließ er ein neues Statut für die Bischofssynode, deren Versammlungen dadurch jeweils einen Vorlauf bekommen. Beim nächsten Mal geht es um Synodalität, und da macht er eben einen weltweiten Vorlauf. Er hat dabei nicht primär nach Deutschland geschaut. Synodalität ist sein Thema, und er will, dass diese weltweit besser verstanden und gelebt wird. Darauf müssen auch wir in Deutschland uns einlassen; es könnte sein, dass der weltweite Prozess zu einem gewissen Korrektiv für uns wird.
Frage: Welche Folgen und neue Herausforderungen sehen Sie für Ihre Diözese als Folge der Pandemie?
Oster: Wir erleben einerseits viel Kreativität und soziales Engagement im Lockdown, als Menschen krank waren, gestorben sind, als Pflegeheime zu waren. Wir spüren aber auch, dass viele Menschen merken, es geht auch ohne Kirche, und dann wegbleiben. Ich hoffe sehr, dass weltweite synodale Wege zu Synodalität, Gemeinschaft, Mission uns neue Initiativen und Wege aufzeigt, damit Menschen heute zum Glauben finden können, ihn neu entdecken oder vertiefen. Das wird die Herausforderung der Zukunft. Das sollte ein Thema des weltweiten synodalen Weges sein: Wie kommen wir aus der Pandemie heraus mit einem neuen missionarischen Impuls.