Das A und O: Diese zehn Redensarten stammen aus der Bibel
1. Das A und O sein
Wenn es um das Wichtigste und den Kern einer Sache geht, spricht man oft vom "A und O" – dem Anfang und dem Ende. Dabei endet unser Alphabet gar nicht mit dem O, sondern mit dem Z. Werden hier einfach elf Buchstaben vergessen? Nicht ganz, denn es geht nicht um das lateinische, sondern um das griechische Alphabet. Dessen erster Buchstabe ist das Alpha, das A, und der letzte das Omega, also O. Zur Zeit Jesu vor 2.000 Jahren war Griechisch im Mittelmeerraum die gängige Weltsprache und für viele die erste Fremdsprache. Händler, Seefahrer und Gelehrte verständigten sich auf Griechisch und auch die Texte der ersten Christengemeinden waren in griechischer Sprache verfasst. So kommt es, dass das A und O, das Alpha und Omega auch Eingang in die Bibel fanden: Denn für Christen ist Christus der Kern des Glaubens, das A und O also.
"Siehe, ich komme bald und mit mir bringe ich den Lohn und ich werde jedem geben, was seinem Werk entspricht. Ich bin das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende." (Off 22,12-13)
2. Danach kräht kein Hahn
Sei es ein kleines Malheur auf der Arbeit oder eine schlechte Note in der Schule. "Danach kräht kein Hahn", möchte man sagen, um zu verdeutlichen: Das Geschehene interessiert in Kürze sowieso niemanden mehr. Bekannt ist die Redewendung bereits seit dem 15. Jahrhundert und sie hat ihren Ursprung im Neuen Testament. Petrus verleugnet seine Verbindung zu Jesus – was dieser bereits vorausgesehen hatte: Dreimal werde Petrus ihn verleugnet haben, noch ehe der Hahn krähe. Dass Petrus Jesus verleugnet, ist natürlich eine Sache von großer Bedeutung. In allen vier Evangelien ist diese Erzählung zu finden (Mk 14,30-37; Mt 26,34-35; Lk 22,33-34; Joh 13,37-38). Die Redensart, die daraus entstanden ist, nimmt jedoch den Umkehrschluss auf – denn interessieren wir uns für jemanden oder etwas nicht, dann kräht eben auch kein Hahn mehr danach.
"Petrus erwiderte ihm: Und wenn alle an dir Anstoß nehmen – ich werde niemals an dir Anstoß nehmen! Jesus sagte zu ihm: Amen, ich sage dir: In dieser Nacht, ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen." (Mt 26,34-35)
3. Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein
Wer nach Sprichwörtern oder Redewendungen in der Bibel sucht, findet sie wahrscheinlich oft in der jüdischen Weisheitsliteratur, die in das Alte Testament übernommen wurde. Dort finden sich philosophische Gedanken, Lieder, Lehrerzählungen und vor allem: Spruchsammlungen. Diese umfassen Lebensweisheiten aus einem Zeitraum von mehreren hundert Jahren – die teilweise auch heute noch Verwendung finden. So auch diese Weisheit. Denn schon die Autoren der Bibel wussten: Etwas Übles, das man anderen zufügen will, kann sich schnell gegen einen selbst richten. Auch dieser Sinnspruch taucht gleich mehrfach in der Bibel auf (Sir 27,26; Koh 10,8; Spr 26,27).
"Wer eine Grube gräbt, fällt selbst hinein, / wer eine Schlinge legt, verfängt sich in ihr." (Sir 27,26)
4. Perlen vor die Säue werfen
Wenn jemand ein Geschenk oder einfach eine nette Geste nicht angemessen zu schätzen weiß, löst das schnell Frust aus. "Das ist ja wie Perlen vor die Säue werfen", ist man dann versucht zu sagen. Denn genau wie die andere Person meine guten Gedanken nicht erkennt, wissen auch die Schweine den Wert von Perlen nicht zu würdigen. Sie fressen sie, vergraben sie im Dreck oder treten darauf ohne zu bemerken, dass es sich eigentlich um etwas Kostbares handelt. Die Redewendung "Perlen vor die Säue werfen" stammt aus der Bergpredigt Jesu – und hier wird er deutlich: Die heilige Lehre soll nicht denjenigen vorgelegt werden, die sie missbrauchen könnten.
"Gebt das Heilige nicht den Hunden und werft eure Perlen nicht den Schweinen vor, denn sie könnten sie mit ihren Füßen zertreten und sich umwenden und euch zerreißen!" (Mt 7,6)
5. Auf Sand gebaut haben
Auch diese Redewendung stammt aus der Bergpredigt Jesu und zwar von deren Ende: Mit fulminanten, bildreichen Worten möchte Jesus seine Lehren untermauern und anschaulich ihre Bedeutung hervorheben. Er erzählt dazu das Gleichnis von zwei Bauherren: Der eine baut sein Haus auf einen Felsen, der andere baut seines auf Sand. Das Fundament auf Sand hält dem nächsten Unwetter nicht stand, das Haus stürzt ein. Wer aber als gläubiger Mensch lebt, dem geht es so wie dem Mann, der sein Haus auf Felsen gebaut hat. Noch heute verwenden wir die Redewendung "auf Sand gebaut haben", um zu verdeutlichen, dass jemand auf etwas vertraut hat, das ungewiss und zweifelhaft ist und folglich scheitern wird.
"Und jeder, der diese meine Worte hört und nicht danach handelt, ist ein Tor, der sein Haus auf Sand baute." (Mt 7,26)
6. Hochmut kommt vor dem Fall
Wer sich für den Größten, Besten und Klügsten hält, überschätzt sich fast immer selbst. Diese Arroganz und Selbstüberschätzung führen schnell zum Scheitern. "Hochmut kommt vor dem Fall", denken sich dann viele. Schon die Bibel kennt hochmütige Zeitgenossen. Allerdings meint sie Menschen, die sich für wichtiger halten als Gott. Heute bezieht sich das Sprichwort eher auf die eigenen Mitmenschen – deren Fall dann oft Schadenfreude bei denen auslöst, über die sich der Hochmütige erhebt.
"Hoffart kommt vor dem Sturz / und Hochmut kommt vor dem Fall." (Spr 16,18)
7. Wer's glaubt, wird selig
Wenn man heute den Spruch "Wer's glaubt, wird selig" hört, ist das meistens ironisch gemeint. Die abenteuerlichen Geschichten, die der Onkel bei der Familienfeier erzählt, glauben nur naive Menschen, heißt das. "Wer's nicht glaubt, kommt auch in den Himmel", heißt es im Volksmund oft weiter. Hier wird schon deutlicher, dass die Redewendung eigentlich eine andere, nicht ironische Bedeutung hatte. In der Bibel, aus der auch dieses Sprichwort stammt, fordert Jesus alle Menschen auf, an ihn und seine Auferstehung zu glauben. Nach seiner Kreuzigung erschien er zunächst Maria aus Magdala und anschließend zwei Jüngern. Alle drei verkündeten, was sie gesehen und erlebt hatten – doch es wurde ihnen nicht geglaubt, dass Jesus auferstanden ist. Der Unterschied zwischen dem Bibelzitat und der Redewendung liegt im kleinen "s": wer "es" glaubt und für wahr hält. Der Glaube, wie Jesus ihn versteht, ist aber mehr, als etwas für wahr halten. Er hat mit Vertrauen zu tun.
"Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet; wer aber nicht glaubt, wird verurteilt werden." (Mk 16,16)
8. Tohuwabohu
Eltern kleinerer Kinder, die einen Blick in das Zimmer ihrer Sprösslinge werfen, kennen dieses Wort sicherlich: "Hier herrscht aber ein großes Tohuwabohu", sagen sie, wenn sie das Durcheinander aus Spielen, Malutensilien, Wäsche und Geschirr betrachten. Was viele nicht wissen: Diese Redewendung stammt aus der Bibel und steht gleich im zweiten Satz – allerdings nur im Original in hebräischer Sprache. Die Einheitsübersetzung übersetzt den Begriff "Tohuwabohu" mit "wüst und wirr". Die Schöpfungserzählung der Bibel berichtet davon, wie Gott aus diesem Chaos eine geordnete Welt erschafft. Wer heute von Tohuwabohu spricht, hat die Hoffnung auf Ordnung deshalb vielleicht noch nicht aufgegeben.
"Die Erde war wüst und wirr und Finsternis lag über der Urflut und Gottes Geist schwebte über dem Wasser." (Gen 1,2)
9. Sein Licht nicht unter den Scheffel stellen
Diese Redensart wird oft als Ermutigung gebraucht, auf seine eigenen Fähigkeiten zu vertrauen und sie auch zu zeigen: "Stell dein Licht nicht unter den Scheffel!" Aber was ist ein Scheffel überhaupt? Es handelt sich dabei um einen Holzbehälter, mit dem früher Getreide abgemessen und transportiert wurde. Wenn man nun eine Lampe unter den Scheffel stellt, ist von dem Licht nichts mehr zu sehen. Die Redewendung stammt aus einem bildhaften Gleichnis aus der Bergpredigt. Jesus wollte seine Zuhörer dazu bewegen, auch seine Botschaft weiterzugeben und sie nicht "unter dem Scheffel" zu halten – sondern auf den Leuchter zu stellen, damit sie von allen gesehen werden kann.
"Man zündet auch nicht eine Leuchte an und stellt sie unter den Scheffel, sondern auf den Leuchter; dann leuchtet sie allen im Haus." (Mt 5,15)
10. Die Letzten werden die Ersten sein
Wer im sportlichen Wettkampf unterlegen war, hat diese Weisheit vielleicht schon einmal gehört: "Die Letzten werden die Ersten sein." Tatsächlich stammt auch diese ermunternde Redewendung aus der Bibel – und findet sich in unterschiedlicher Fassung gleich an mehreren Stellen in den Evangelien: als Antwort Jesu auf die Frage von Petrus nach dem Lohn für die Nachfolge (Mt 19,29-30), im Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (Mt 20,1-16), bei der Behandlung der Lohnfrage im Markusevangelium (Mk 10,28-32) und im Zusammenhang mit der Frage, ob viele Menschen gerettet werden, oder nur wenige Zugang zum Reich Gottes finden (Lk 13,22-30). Jesus weist darin immer auf die Umkehrung der Verhältnisse im Reich Gottes hin. Denn auch wenn das Sprichwort heute oft ironisch verwendet wird, können wir darauf vertrauen, dass bei Gott eine andere Rangfolge gilt.
"So werden die Letzten Erste sein und die Ersten Letzte." (Mt 20,16)