Demel: Mitbestimmung bei Pfarrerbesetzung "schon längst möglich"
Aus Sicht der Regensburger Kirchenrechtlerin Sabine Demel ist es "schon längst möglich", dass Kirchengemeinden bei der Besetzung von Pfarrern mitbestimmen können. "Der Bischof bestellt zwar die Pfarrer. Er könnte sich aber schon längst freiwillig an die Mitwirkung der Gemeinden binden", sagte sie katholisch.de am Dienstag auf Anfrage. Denkbar sei etwa, dass der Bischof dem Pfarrgemeinderat als repräsentativ bestelltem Gremium mitteile, welchen Pfarrer er vorgesehen habe und frage, ob es Einwände dagegen gebe. "Das wäre dann ein Zustimmungsrecht des Pfarrgemeinderats", so Demel. Möglich sei auch eine Vorschlagsliste des Bischofs mit Kandidaten, aus denen der Pfarrgemeinderat einen auswählt, den der Bischof dann ernennt. Oder dass umgekehrt der Pfarrgemeinderat eine Liste erstelle, aus der der Bischof dann wähle. "Da gibt es viele Möglichkeiten, die vom Kirchenrecht her gedeckt sind, ohne die Letztentscheidung des Bischofs infrage zu stellen", erklärte Demel. "Die Autorität des Pfarrers wird umso mehr anerkannt, wenn die Gemeinschaft, der er vorsteht, an der Besetzung mitwirkt."
Bei Bischofswahlen sei eine Beteiligung von Gläubigen komplizierter, da dort auch Konkordate eine Rolle spielten und weder der Bischof noch der Papst alleiniger Gesetzgeber seien. Die damaligen Konkordate seien bereits von der Idee geprägt, die Mitbestimmung des Gottesvolks zu garantieren. "In der Zeit, in der die Konkordate abgefasst wurden, waren das die Domkapitel, Laien waren als Subjekte der Kirchen gar nicht im Blick", sagte Demel. Eine Änderung dieser Staatskirchenverträge sei allerdings schwierig. "Meiner Wahrnehmung nach wollen die Bischöfe und auch der Apostolische Stuhl da nicht ran, weil man Angst hat, wenn man an den Konkordaten rührt, wird vieles andere gleich mit über Bord geworfen."
Die Mitbestimmungsrechte bei Bischofswahlen sind in den drei für die deutschen Diözesen gültigen Konkordaten unterschiedlich. Das Bayerische Konkordat sieht die schwächste Form der Mitbestimmung vor. Dort schicken das Domkapitel und die Bischöfe Listen nach Rom, aus denen der Papst einen Kandidaten frei wählen kann. Beim Preußischen und Badischen Konkordat ist vorgesehen, dass der Heilige Stuhl aus diesen Listen einen Dreiervorschlag an die jeweilige Diözese zurückschickt. Aus diesem Dreivorschlag, auch "Terna" genannt, wählt dann das Domkapitel.
Denkbar wären mit einer Änderung der Konkordate etwa, dass die Rechte, die dem Domkapitel zustünden, an repräsentative Gremien der Diözese angeknüpft würden, die bereits bestehen, etwa den Diözesanpastoralrat oder den Diözesan- und Priesterrat, sagte Demel. "Die könnten eine Liste mit Bischofskandidaten erstellen und auch aus der Liste, die zurückkommt, dann einen Kandidaten wählen."
Im Forum "Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag", in dem die Kirchenrechtlerin Mitglied ist, werde unter anderem bereits an einer Vorlage gearbeitet, wie Beteiligung von Laien an Bischofswahlen möglich sei. Auch dies sei wegen der derzeitigen Rechtslage nur über eine freiwillige Selbstbindung der Domkapitel möglich, die sich selbst verpflichten, ein repräsentatives Wahlgremium zusammenzustellen, das mit ihnen gemeinsam eine Kandidatenliste erstellt und aus dieser auswählt. Dies könne allerdings niemand den Domkapiteln vorschreiben, allerdings auch nicht verbieten. "Denn der freiwillige Verzicht auf bestimmte Rechte in Form einer freiwilligen Selbstbindung steht jedem Rechtsträger offen", so Demel. "Die Idee mit der freiwilligen Selbstbindung ist so etwas wie ein vorauseilender Gehorsam von Reformen, die von der Theologie her notwendig sind." Das habe auch den Vorteil, dass man bereits Erfahrungen in diesem Bereich sammeln könne.
In einer Talksendung am Wochenende hatte der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick sich für mehr Mitbestimmungsrechte auf allen Ebenen in der katholischen Kirche ausgesprochen. Gemeinden und Gläubige sollten bei der Bestellung von Pfarrern und auch Bischöfen mitentscheiden dürfen, so Schick. Dies sei unter allen Reformanliegen sein größter Wunsch. "Dass wir aufeinander hören und dann entscheiden im Geist Gottes miteinander, was denn nun dran ist, für die Gemeinden, für die Diözesen, letztlich für die Weltkirche." Jüngst hatten auch die beiden Vizepräsidentinnen des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Claudia Lücking-Michel und Karin Kortmann, ein Mitspracherecht der Gläubigen bei der Einsetzung und Absetzung von Bischöfen gefordert. (cbr)