Standpunkt

Wird es zur Bedrohung für die Gesellschaft, katholisch zu sein?

Veröffentlicht am 13.08.2021 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Der umstrittene SPD-Wahlspot zeigt laut Pia Dyckmans die Stellung der Kirche im öffentlichen Diskurs: Manche hielten es offenbar für zunehmend absonderlich, katholisch zu sein, kommentiert sie. Das sage aber auch einiges über die Lage der Kirche aus.

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Ich bin katholisch und das ist auch gut so. Eigentlich sollte dieser Satz doch nichts Besonderes, besorgniserregendes oder gar imagegefährdendes sein, oder? Doch die SPD setzte das Bekenntnis eines CDU-Mitarbeiters werbewirksam für den eigenen Wahlkampf ein. Sie warnt vor einem "erzkatholischen Laschet-Vertrauten", für den Sex vor der Ehe laut Video tabu ist. Der Spot wurde von der SPD inzwischen zurückgezogen, Liminski selbst hat auch schon längst Stellung dazu genommen, aber der Aufschrei in so manchen Social-Media-Bubbles ist da. Mir fallen bei diesem Vorfall zwei Dinge auf: die Stellung von Glauben und Kirche im Diskurs sowie die Instrumentalisierung des Glaubens für den Wahlkampf.

Mir geht es hier nicht um die religiöse Haltung eines Mitarbeiters, von der man halten kann, was man mag. Mir geht es darum, was aus dieser Haltung medial gemacht wird, und zwar Wahlkampf ohne Rücksicht auf Religions- und Bekenntnisfreiheit, nur weil er nicht dem Mainstream entspricht. Da frage ich mich, ob es jetzt Mode ist, dass man sich über Gläubige, die sich öffentlich dazu bekennen und aus dieser Haltung heraus handeln, lustig machen kann und diese am liebsten vom öffentlichen Diskurs ausgrenzen möchte?  Auch wenn ich nicht hinter den Aussagen von eben jenem Mitarbeiter stehe, finde ich das in einem freiheitlich demokratischen Staat bedenklich.

Mal abgesehen davon, dass hier Wahlkampf abseits der wirklich politischen Themen geführt wird, stelle ich mir außerdem die Frage, was dahintersteckt. Die Zugehörigkeit zu einer Kirche und der Glaube scheinen für manche derart absonderlich zu sein, dass es gegen einen Politiker beziehungsweise einen Mitarbeitenden eines Politikers verwendet wird. Das zeigt doch nicht nur, wie irrelevant Kirche und Glaube erscheint, sondern dass er auch als eine Art "Bedrohung" angesehen wird. Hat Kirche aufgrund eigener massiver Probleme rund um Kirchenpolitik und Skandale nicht nur ihren Blick, sondern auch ihre Stimme für die Probleme der Welt "da draußen" verloren? Wenn Kirche nicht Antwortmöglichkeiten oder Deutungen für die Probleme unserer Gesellschaft anbietet auf Basis unseres Evangeliums, in dem es um die Würde des Menschen, um Schöpfungsbewahrung und so weiter geht, dann sind wir für die "da draußen" irrelevant. Dann wird ein Satz wie "Ich bin katholisch und das ist auch gut so!" irgendwann wirklich zu etwas Besonderem oder gar Besorgniserregendem.

Von Pia Dyckmans

Die Autorin

Pia Dyckmans ist Presse- und Öffentlichkeitsreferentin der Jesuiten in Zentraleuropa.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.