Der Vatikan hat im Fall Heße viel zu langsam entschieden
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Die Entscheidung ist gefallen – und das viel zu spät: Papst Franziskus belässt den Hamburger Erzbischof Stefan Heße im Amt. Ein geschlagenes halbes Jahr hat es nun also gedauert, bis der Vatikan zum angebotenen Amtsverzicht des früheren Kölner Generalvikars einen finalen Beschluss fassen konnte. Die Mühlen in Rom mahlen langsam. Doch eine derartige Verschleppung gegen die eigenen Regeln – maximal drei Monate setzt sich der Vatikan selbst als Frist – ist nicht nur peinlich; sie ist vor allem schädlich.
Welche Belastung eine solche Unsicherheit über die Zukunft des eigenen Erzbischofs mit sich bringt, hatte nicht zuletzt die Reaktion des Hamburger Generalvikars und Interimsleiters Ansgar Thim gezeigt: Aus Frust über das vatikanische Schneckentempo setzte er im August kurzerhand alle Gremienkonferenzen der Erzdiözese aus. Doch neben der Bistumsleitung dürfte die "Causa Heße" vor allem auch die Hamburger Gläubigen getroffen sowie für Kopfschütteln in der ganzen deutschen Kirche und darüber hinaus gesorgt haben.
Heße ist nach Kardinal Reinhard Marx nun schon der zweite deutsche Diözesanbischof, der im Zusammenhang mit kirchlichem Missbrauch seinen Rücktritt angeboten hat, vom Papst jedoch im Amt belassen wird. Freilich unterscheiden sich beide Fälle: Wo Marx proaktiv Verantwortung übernehmen wollte, reagierte Heße auf das Kölner Missbrauchsgutachten, das ihn belastet. Die Begründung des Vatikan, er habe "seine in der Vergangenheit begangenen Fehler in Demut anerkannt", er habe nicht die "Absicht" gehabt, Missbrauch zu vertuschen, und er könne daher im Amt bleiben, mutet befremdlich an – und wird wohl nur die wenigsten überzeugen.
Kann Heße also künftig noch mit dem Vertrauen seiner Gläubigen rechnen, sein Amt als Oberhirte adäquat ausfüllen? Das darf zumindest angezweifelt werden. Ob die vatikanische Entscheidung die richtige war, wird die Zeit zeigen. Heße selbst schrieb in einer ersten Reaktion, dass es "nicht leicht" werde.
Und wichtige Entscheidungen im Zusammenhang mit der Kölner Missbrauchsstudie stehen noch immer aus: Wie geht es weiter mit Weihbischof Dominikus Schwaderlapp, der ebenfalls seinen Rücktritt angeboten hat? Wie mit Weihbischof Ansgar Puff? Und wie mit dem nach wie vor in der Kritik stehenden Kardinal Rainer Maria Woelki? Hoffentlich braucht der Vatikan zur Beantwortung dieser Fragen nicht erneut ein halbes Jahr.
Der Autor
Tobias Glenz ist Redakteur bei katholisch.de.Hinweis
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