Zweite Synodalversammlung war am Samstag überraschend geendet

Beschlussunfähigkeit beim Synodalen Weg: Entsetzen "ohne böse Absicht"

Veröffentlicht am 04.10.2021 um 15:54 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Das überraschende Ende der zweiten Synodalversammlung in Frankfurt hat für Enttäuschung und Häme gesorgt: Weil zu wenig stimmberechtigte Synodale zugegen waren, mussten die Beratungen abgebrochen werden. In der Rückschau ordnen einige Synodale und Beobachter dies nun aber abgeklärter ein.

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Fünf Rückmeldungen haben am Ende gefehlt und die Synodalversammlung hätte wie geplant zu Ende geführt werden können. Nur 149 statt der erforderlichen 154 stimmberechtigten Mitglieder der Synodalversammlung bestätigten am Samstagnachmittag über ihre Abstimmgeräte ihre Anwesenheit. Zuvor hatte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz und Präsident des Synodalen Wegs, Bischof Georg Bätzing, beantragt, die Beschlussfähigkeit überprüfen zu lassen, nachdem offensichtlich mehrere Synodale abgereist waren. Nicht einmal eine halbe Stunde vor dem offiziellen Ende endete die Versammlung nach dieser Abstimmung im Chaos. Zahlreiche Synodale brachen plötzlich auf, ohne die Erklärung des Synodalpräsidiums oder den spirituellen Abschlussimpuls abzuwarten. Gleichzeitig wurden Rufe laut, einige Synodale hätten absichtlich ihre Stimme nicht abgegeben, um weitere Beratungen und Abstimmungen zu blockieren.

Wenige Minuten, nach dem abrupten Ende der Versammlung sprach Bätzing zu den verbliebenen Synodalen. "Ich bin ziemlich entsetzt darüber, wie viele Menschen im Laufe des Tages abgereist sind und möchte sagen: Das geht nicht!" Der Limburger Oberhirte mahnte: "Hier muss eine Priorität hineinkommen." Er habe verhindern wollen, dass die zu diesem Zeitpunkt beratene Vorlage in einer "zweifelhaften Abstimmung" zustande komme. Der Handlungstext des Macht-Forums sieht eine regelmäßige Rechenschaftspflicht für Bischöfe und Priester vor, die zudem nach ihrem Bericht eine Vertrauensfrage an das Gremium des Synodalen Rates in der Diözese oder Pfarrei stellen sollen. Dies sei "kein unerheblicher Verhandlungsgegenstand", so Bätzing. Er wolle, dass alle die Beratungen "in aller Ernsthaftigkeit und zweifellos führen". Sein Antrag habe daher auch ein "gewisses pädagogisches Moment" gehabt, erklärte Bätzing bei der Abschluss-Pressekonferenz.

Sternberg: Das Problem kenne ich

Im Interview nach der Synodalversammlung ordnete der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, das Ende eher abgeklärt ein: "Das Problem kenne ich aus sehr vielen Sitzungen. Wenn die zweieinhalb Tage laufen und noch in den Samstagnachmittag hinein dauern, ist nicht ganz unüblich, dass die Teilnehmerzahl gegen Ende abbröckelt." Beim Synodalen Weg kämen "ziemlich professionelle" Leute zusammen, die sich mit parlamentarischen Abstimmungsverfahren auskennen würden.

"Man darf die fehlende Beschlussfähigkeit nicht überbewerten", sagte auch der Generalsekretär der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz, Daniel Kosch, am Montag dem Internetportal "kath.ch". Als internationaler Beobachter des Synodalen Wegs war er selbst in Frankfurt und habe am Freitagabend und Samstagmorgen mit zwei stimmberechtigten Mitgliedern der Versammlung gesprochen, "die andere Termine hatten und früher abreisten – ohne böse Absicht." Es gehöre zum Demokratie-Lernen dazu, dass es nicht einfach um Mehrheiten gehe, sondern "um viele Verfahrensregeln, die einzuhalten sind, damit Entscheidungen korrekt und rechtsgültig zustande kommen".

Daniel Kosch von der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz
Bild: ©Synodaler Weg/Maximilian von Lachner

"Man darf die fehlende Beschlussfähigkeit nicht überbewerten", findet der Generalsekretär der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz, Daniel Kosch, der als Beobachter an der zweiten Synodalversammlung teilgenommen hat.

Kritischer sieht Theo Wieder den Abbruch der Beratungen. "Es war ein nicht so schönes Ende", sagte das Mitglied der Synodalversammlung am Sonntag der "Rheinpfalz". Bei solchen Treffen auf Bundesebene sei es problematisch, den Zeitplan am Samstag bis 16 Uhr anzusetzen, da viele Mitglieder dann Schwierigkeiten mit der Heimreise bekämen, so der CDU-Politiker aus dem Bistum Speyer. "Deswegen haben sich wahrscheinlich manche Synodale – das gilt für Laien wie für Bischöfe – früher auf den Weg gemacht." Der Abbruch der Versammlung aufgrund der Beschlussunfähigkeit sei jedoch richtig gewesen. Dass dieses Ende dem Anliegen des Synodalen Wegs geschadet habe, glaubt Wieder allerdings nicht.

Emotionaler waren hingegen die direkten Rückmeldungen in der Synodalversammlung: "Ist das jetzt wirklich das Ende unserer Sitzung? Ich finde für die Zukunft sollten wir uns zumindest absprechen, wie verlässlich wir diese Termine einplanen", sagte die Synodale Sarah Henschke unter dem Applaus der anwesenden Mitglieder der Versammlung. "Ich kann so nicht nach Hause gehen! Ich ärgere mich massiv", fuhr sie fort. "Ich bitte darum, sich in Zukunft verlässlich diese Termine freizuhalten." Der Dominikaner Simon Hacker ergänzte: "Es gibt Leute, die reisen aus anderen Ländern an – einen Tag vorher und reisen einen Tag später ab. Da kann es nicht sein, dass man eine halbe Stunde vorher losmuss und dann die Abstimmungsfähigkeit nicht mehr gegeben ist", so der in Österreich lebende Ordensmann.

"Wir haben nicht unser ganzes Arbeitspensum geschafft"

So überraschend und enttäuschend das abrupte Ende der Versammlung für viele war, so unwahrscheinlich ist es doch, dass alle Textvorlagen in der verbliebenen Zeit besprochen und abgestimmt worden wären, wenn es nicht zum Abbruch gekommen wäre. Zu ambitioniert war dafür der vorgelegte Zeitplan, zu rege die Diskussionen der Synodalen. Nicht umsonst musste die Redezeit in den Aussprachen nach dem ersten Beratungstag quasi dauerhaft auf eine Minute begrenzt werden.

Einig ist sich der weitaus größte Teil der Synodalversammlung deshalb wohl beim Fazit zur gesamten Versammlung: "Wir haben 13 von 16 Texten beraten – mehr, als ich erwartet habe", sagte Sternberg. Und Bätzing: "Wir haben nicht unser ganzes Arbeitspensum geschafft, aber das hing nicht am Eifer der Anwesenden."

Von Christoph Brüwer