Synodaler Prozess: Wie die deutschen Bistümer Beteiligung gestalten
Synoden seien in der Vergangenheit vor allem als Versammlungen der Bischöfe unter der Leitung des Papstes verstanden worden, heißt es im Vademecum, dem Leitfaden für die bevorstehende Weltsynode. Das soll sich jetzt ändern: In einem zweijährigen Prozess sollen auch die Gläubigen in großer Zahl zu Wort kommen. "Es ist ein Prozess, der allen Gläubigen offensteht und zu dem alle Ortskirchen einen wesentlichen Beitrag leisten sollen", schreibt der Vatikan. Die deutschen Bistümer haben unterschiedliche Wege gewählt, um Katholikinnen und Katholiken am synodalen Prozess zu beteiligen. Die Zeit ist dabei denkbar knapp, denn bereits bis zum Ende des Jahres sollen die Diözesen ein maximal zehnseitiges Dokument erstellen und an die Deutsche Bischofskonferenz weiterleiten, in dem die jeweiligen Erfahrungen und Ideen von Synodalität geschildert werden sollen.
Viele Diözesen greifen daher auf bereits vorhandene synodale Strukturen zurück. "Es gibt in unserer Diözese seit der Bistumsgründung fünf durch Wahl gebildete Gremien der Synodalität: den Katholikenrat, den Kirchensteuerrat, die Dechantenkonferenz, den Priesterrat und den Gemeindereferentinnenrat" heißt es beispielsweise auf der Internetseite des Bistums Erfurt. Diese Gremien würden Rückmeldungen auf die von Papst Franziskus gestellten Fragen geben. Ähnlich geht auch das Bistum Essen vor, das neben Priester- und Diözesanrat auch den Ordensrat und die Vertreter des Bistums beim deutschen Synodalen Weg zu den Beratungen einlädt. Im Erzbistum Freiburg wirkt die Theologische Fakultät mit, im Bistum Eichstätt findet der Prozess auf Ebene der Pfarreien, Pastoralräume und kirchlichen Einrichtungen statt. Auch das Bistum Mainz und das Bistum Dresden-Meißen wollen die Bistumsräte befragen.
"Ein Ereignis der Gnade, ein Heilungsprozess"
Im Bistum Regensburg werden ebenfalls Diözesanpastoralrat, Priesterrat, Domkapitel und Diözesankomitee das Antwortschreiben des Bistums erarbeiten und an die Bischofskonferenz weiterleiten. Papst Franziskus habe die drei Verben begegnen, zuhören und unterscheiden in den Mittelpunkt seines synodalen Wegs gestellt, heißt es auf der Bistumshomepage. "Das Wort, so der Heilige Vater weiter, richte den synodalen Weg so aus, dass er keine kirchliche 'convention', keine Studientagung oder ein politischer Kongress ist, sondern ein Ereignis der Gnade, ein Heilungsprozess unter der Leitung des Heiligen Geistes."
Der synodale Prozess beginnt auch thematisch nicht bei null. In vielen Bistümern laufen neben dem deutschlandweiten Synodalen Weg auch bistumsinterne Reformprozesse. Der Trierer Bischof Stephan Ackermann sieht in den synodalen Beratungen in seinem Bistum etwa bereits eine Verbindung mit dem weltweiten synodalen Prozess: "Das, was wir hier machen, ist praktizierte Synodalität: sich der Realität stellen, Themen und Herausforderungen vergemeinschaften", sagte er Anfang Oktober bei einem Treffen der diözesanen Gremien mit Vertretern aus Berufsgruppen, Diensten und Einrichtungen der Kirche. Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode betont: "Seit fast zwei Jahren sind wir intensiv im Synodalen Weg auf Bundesebene und auch auf Ebene unseres Bistums engagiert. Unsere Erfahrungen aus diesen Prozessen werden wir in die nun beginnende Weltsynode einbringen." Ebenso sieht der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick im weltweiten synodalen Prozess eine Vertiefung dessen, was beim Bistumsprozess "Erzbistum mitgestalten" verfolgt werde – und ruft zur Beteiligung auf. Ähnlich äußerte sich auch der Münchner Kardinal Reinhard Marx. Auch im Bistum Aachen ist der synodale Prozess eng mit dem bistumseigenen "Heute bei dir"-Prozess verknüpft.
Fragebögen und eigene Websites
Damit sich "das gesamte Volk Gottes" auf den Weg machen und beteiligen kann, bieten einige Bistümer virtuelle Kommentarfelder oder Fragebögen an. Ein Mittel, das schon aus den Vorbereitungen der Jugendsynode 2018 bekannt sein dürfte. Hier sind explizit alle Interessierten eingeladen, eigene Hinweise, Erfahrungen, Wünsche, Gedanken und Impulse zum Thema Synodalität mitzuteilen. Während es damals einen weltweit einheitlichen mehrseitigen Fragebogen für alle Jugendlichen gab, der mehr als ein halbes Jahr in verschiedenen Übersetzungen online abrufbar war, unterscheiden sich dieses Mal auch hier die Herangehensweisen der Bistümer. Besonders ausführlich ist etwa der Fragebogen des Erzbistums Berlin. Die Gläubigen sollen hier drei Namen anderer Personen eintragen, mit denen sie sich synodal über die Themen ausgetauscht haben. Dann folgen sieben Fragen etwa zur Kommunikation im kirchlichen Leben, zur Entscheidungsbeteiligung von Laien oder aber zu Träumen, Wünschen und Hoffnungen für eine synodale Kirche im Erzbistum. Das Bistum Münster gibt gleich alle zehn vom Papst benannten Themengebiete an die Katholikinnen und Katholiken im Bistum weiter, die in einem Fragebogen beantwortet werden können. Auch das Bistum Limburg ermöglicht das Mitteilen synodaler Erfahrungen über ein Online-Formular.
Die Bistümer Fulda, Magdeburg, Würzburg und Aachen sowie das Erzbistum Paderborn haben zudem eigene Websites mit Materialen wie Impulsfragen, Gebeten oder Unterlagen zur Bibelarbeit zusammengestellt, auf denen Katholikinnen und Katholiken ebenfalls Erfahrungen und Meinungen zum Thema Synodalität formulieren können, die in die Beratungen der Gremien einfließen. Seine eigenen Vorstellungen zu diesem Thema hat Bischof Ackermann auf der Bistumshomepage in 15 Thesen formuliert. Die Gläubigen lädt er ein, sich mit diesen Thesen zu beschäftigen und die eigenen Eindrücke an den Beauftragten des Bistums für die Bischofssynode zu schicken.
Ansprechpartner für Weltsynode: Synodale Wege gehören eng zusammen
Nach der Eröffnung in Rom beginnt am Sonntag die diözesane Phase des weltweiten synodalen Prozesses des Papstes. Der Essener Domkapitular Michael Dörnemann ist in seinem Bistum Ansprechpartner für diesen Prozess. Im katholisch.de-Interview erklärt er, was geplant ist.
Neben Formularen und Materialien sind auch Rückmeldungen über menschliche Kontakte durchaus erwünscht: Grundsätzlich ermöglichen viele Bistümer den Kontakt zum Ansprechpartner für die Bischofssynode – auch ohne konkrete vorgegebene Fragestellungen. "Wenn sich also jemand als Einzelperson melden will, kann er das mir gegenüber auch gerne tun. Wir schauen dann, wie wir diese Einzelpositionen in unsere Antwort einbinden können", sagte der Essener Domkapitular Michael Dörnemann beispielsweise im katholisch.de-Interview. In einem gemeinsamen Brief an die Pfarrgemeinden baten der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer und der Diözesanratsvorsitzende Christian Heimann die Gläubigen darum, ihre Erfahrungen über den Diözesanrat oder direkt per E-Mail mitzuteilen. Die Zeit sei knapp, aber "dennoch laden wir Sie ein, sich mit anderen aus Ihrer Gemeinde oder Ihrem Umfeld über diese Fragen auszutauschen. Möglichst viele Menschen sollen die Möglichkeit erhalten, sich zu diesen Fragen zu äußern", heißt es in dem Schreiben. Auch im Bistum Rottenburg-Stuttgart können Gläubige sich mit Vorschlägen an das bischöfliche Ordinariat wenden. Das Bistum Passau hat ebenfalls E-Mail-Adressen für Anregungen, Ideen und Kritik veröffentlicht. Das Synodenteam im Erzbistum Köln ermutigt gleich zur Mitarbeit in einem der Arbeitsteams.
Beiträge direkt ans Generalsekretariat
Deutlich ruft auch das Vademecum Ordensgemeinschaften, Laienbewegungen, Vereine von Gläubigen und andere kirchliche Gruppen zur Mitarbeit auf Ebene der Ortskirche auf. "Wenn dazu auf lokaler Ebene keine Gelegenheit besteht, haben sie jedoch wie jede Gruppe oder Einzelperson auch die Möglichkeit, ihren Beitrag direkt an das Generalsekretariat zu richten", heißt es in der Handreichung.
Auch wenn die Zeit für die Rückmeldungen drängt, gibt es somit doch zahlreiche Wege, wie die Kirche in Deutschland ihre Diskussionen und Eingaben zum Thema Synodalität organisiert. Eines eint die verschiedenen Herangehensweisen: der Wunsch, die Stimme der Gläubigen zu hören – so, wie es sich Papst Franziskus für seinen weltweiten synodalen Prozess wünscht.
21.10.2021, 14:55 Uhr: ergänzt um Hinweis auf die Internetseite des Erzbistums Paderborn zum weltweiten synodalen Prozess.