Standpunkt

Ein Grundeinkommen bedeutet eine Umverteilung von Macht

Veröffentlicht am 21.10.2021 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Papst Franziskus fordert ein universelles Grundeinkommen – und befeuert so eine jahrzehntealte Diskussion. Zu Recht, kommentiert Christoph Paul Hartmann. Denn ein Bedingungsloses Grundeinkommen kann eine Forderung des Apostels Paulus verwirklichen.

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Papst Franziskus fordert ein Grundeinkommen für alle. Ein Grundeinkommen ermögliche jedem Menschen Zugang zu den grundlegendsten Dingen, sagte er vergangenes Wochenende. Damit spornt er eine Debatte wieder an, die die Menschheit seit Jahrzehnten beschäftigt: Immer wieder gab es Arbeitsgruppen und Feldversuche zum Bedingungslosen Grundeinkommen, in Deutschland läuft seit Juni eine Studie. Bisherige Versuche lieferten ein zweischneidiges Bild, auch die deutsche Gesellschaft ist bei der Frage in fast gleich große Lager gespalten.

Zwei Fragen stehen bei der Diskussion im Vordergrund: Wer soll das bezahlen und ist das der richtige Anreiz?

Die Finanzierung ist bei den meisten Projekten das entscheidende Problem. Geld ist etwa in vielen Entwicklungsländern knapp, auch, weil zum Teil Mittel in dubiosen Kassen verschwinden. Hier müsste zunächst Korruption bekämpft werden, danach könnte sich auch die Entwicklungszusammenarbeit darauf ausrichten, ein Grundeinkommen mitzufinanzieren. Die finanzielle Seite zeigt schon: Mit einem Grundeinkommen ist ein Perspektivwechsel verbunden, der auch mit der Frage des Anreizes verbunden ist.

Es geht nun nicht mehr um Menschen, die sich in einem kapitalistischen System und den damit verbundenen wirtschaftlichen Abhängigkeiten von Staat und Wirtschaft freistrampeln und gegen andere behaupten müssen. Wenn jeder ohne Vorbedingung Geld für seinen Lebensunterhalt erhält, werden die Bürger eines Staates gestärkt, sie emanzipieren sich ein Stück weit von Machtkonstrukten, werden stärker Handelnde ihres eigenen Lebens. Die Sorge um das Auskommen verschwindet, sie können ihre Energie anders nutzen.

Mit einem Grundeinkommen gibt ein Herrschaftssystem die Kontrolle ab und an die Individuen zurück. Statt wirtschaftlichem Druck steht nun Freiheit ganz oben auf der Prioritätenliste. Das mag für manche Konservative ein Wagnis sein, doch schon der Apostel Paulus schreibt: "Zur Freiheit hat uns Christus befreit. Steht daher fest und lasst euch nicht wieder ein Joch der Knechtschaft auflegen!" (Gal 5,1) Die Knechtschaft vom Druck des Geldes kann keine Lösung für die Bedürfnisse der Menschen von heute und morgen sein – vielmehr ist es die Gestaltungsfreiheit, die den Menschen Hoffnung und Perspektive geben kann.

Von Christoph Paul Hartmann

Der Autor

Christoph Paul Hartmann ist Redakteur bei katholisch.de.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung des Autors wider.