Standpunkt

Franziskus als "Sexist Man Alive": Echt jetzt, "Emma"?

Veröffentlicht am 28.10.2021 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Der Papst als "Sexist Man Alive": Dieser Negativpreis der feministischen Zeitschrift "Emma" für Franziskus ärgert Agathe Lukassek. Mit der Begründung der Redaktion ist sie nicht einverstanden – fühlt sich aber auch zum Nachdenken angeregt.

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Auf einem Foto von Papst Franziskus in meinem Instagram-Feed steht "Sexist Man Alive". Ja, richtig gelesen, der Papst ist frauenfeindlichster Mann des Jahres 2021, frisch gekürt von der feministischen Zeitschrift "Emma". Ich lache kurz auf und denke an die "Erdbeeren auf der Torte" und andere sexistische Bilder, die Franziskus für Frauen bereits gebraucht hat. Aber darum ging es den Journalistinnen rund um Alice Schwarzer bei der Verkündung des Negativpreises nicht, wie auf deren Webseite zu lesen ist.

"Auch dieser Papst ist Chef eines Apartheidsystems, in dem Frauen Menschen zweiter Klasse sind", ist die Begründung für den Sexisten-Award. Neben solch scharfen Geschützen und etwas Polemik finden sich auch Argumente, die auch Gläubige – leider – unterstreichen können: Frauenverachtung würde durch Idealisierungen kaschiert, sexuelle Gewalt nicht genügend und nur auf Druck der Basis hin bekämpft, eine Diakoninnen- oder Priesterweihe sei nicht möglich. Am Ende kommen aber ganz ohne Kontext drei Absätze zum Thema Exorzismus und ich bin verärgert. Es klingt nach einem allgemeinem Kirchenbashing, bei dem nur noch das Stichwort Hexenverfolgung fehlt.

Papst Franziskus wird das nicht gerecht. Vor einem Jahr sprach er sich in seinem Buch "Wage zu träumen!" dafür aus, dass Männer und Frauen gleich gut bezahlt werden und schrieb noch mehr zum Thema Gleichberechtigung von Frauen. Mit einer Änderung im Kirchenrecht machte er es möglich, dass Frauen mehr Aufgaben in der Liturgie übernehmen können. Zwei Drittel mehr Frauen arbeiteten 2020 im Vatikan als noch unter Papst Benedikt XVI., die Hälfte von ihnen sind Akademikerinnen auf mittlerer Ebene, einige haben als Untersekretärinnen Spitzenposten auf Ebene der Staatsminister von weltlichen Regierungen inne.

Also alles gut im Vatikan und bei Papst Franziskus und die "Emma" ist böse? So einfach ist es leider nicht. Denn sehr vieles läuft schief in der Kirche mit Bezug auf die sogenannte Frauenfrage, theologische Argumente für den Ausschluss von Frauen sind oft fadenscheinig und mancher Kommentar von Kirchenmännern paternalistisch. Vielleicht ärgert mich der "Sexist Man Alive"-Award an Papst Franziskus deshalb so, weil es noch so viel zu tun gibt in meiner Kirche.

Von Agathe Lukassek

Die Autorin

Agathe Lukassek ist Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Hildegardis-Verein mit Sitz in Bonn.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.