Kirche für Vermögenssteuer zur Finanzierung der Pandemie-Folgen
Die katholische Kirche verlangt von den EU-Staaten eine deutlich sozialere Finanz- und Wirtschaftspolitik. In einem am Donnerstag in Brüssel veröffentlichten Positionspapier verweist die EU-Bischofskommission COMECE auf das durch die Pandemie gestiegene Wohlstandsgefälle zwischen Industriestaaten und Ländern mit mittlerem und niedrigen Einkommen sowie auf Brüche im sozialen Gefüge innerhalb Europas. Angemahnt wird auch eine Ausrichtung der europäischen Energiepolitik und des Wiederaufbaufonds an Klimazielen.
Als aus kirchlicher Sicht gebotene Antworten auf die Corona-Krise nennt eine Expertengruppe unter anderem Schuldenerlasse für Entwicklungsländer, angemessene Löhne und mehr Schutz für Arbeitnehmer, aber auch das Stopfen von Steuerschlupflöchern internationaler Konzerne und höhere Steuern für Reiche. Spitzengehälter in Unternehmen "entbehren einer moralischen Rechtfertigung", heißt es in dem Papier.
Die EU wie auch andere Länder mit hohen Einkommen überständen die Pandemie "ohne dramatische Wohlstandsverluste", so die Bischofskommission. Wenn es mit der Verpflichtung Europas zu den globalen Zielen einer nachhaltigen Entwicklung ernst gemeint sei, müsse es einen "signifikanten Anstieg der Beiträge für internationale Solidarität" geben. Instrumente dafür seien neben Direktinvestitionen und Hilfsgeldern auch Entschuldungsprogramme oder Unterstützung beim ökologischen Wandel.
Schutz von Privatkunden vor Überschuldung
Hinsichtlich der Schuldenfinanzierung in EU-Mitgliedstaaten votiert die Kommission für eine Verschiebung der Steuerlast von künftigen Arbeitslöhnen und Renten hin zu aktuellen Kapitalerträgen. Mögliche Quellen seien eine vorübergehend höhere Kapitalertragssteuer sowie Vermögens- und Erbschaftssteuern. Dies wäre ein Beitrag "für Solidarität und eine gerechtere Verteilung der Ressourcen".
Weiter mahnt die Kirche den Schutz von Privatkunden vor Überschuldung und eine bessere Kontrolle der Banken an. Privatanleger ermutigt das Papier zu nachhaltigen Investments nach ökologischen und sozialen Kriterien. Allgemein wirbt die Stellungnahme bei Einzelpersonen wie Unternehmen für ein gemeinwohlorientiertes Wirtschaften; kirchliche Einrichtungen auf allen Ebenen sollten ihre Finanzen und deren Management offenlegen.
Das auf Englisch veröffentlichte Dokument "Ein Finanzsystem im Dienste des Gemeinwohls in Zeiten des Systemwandels" entstand unter Federführung des Schweizer Volkswirtschaftlers und Wirtschaftsethikers Paul Dembinski. COMECE-Generalsekretär Manuel Barrios Prieto erklärte, das Positionspapier richte sich "an die EU-Institutionen, die Mitgliedstaaten, die Industrie- und Dienstleistungsunternehmen, die Universitäten und die Bürger". Die Kirche rufe dazu auf, "die Fürsorge in den Mittelpunkt unserer Finanzen zu stellen". (KNA)