Bätzing weist Vertuschungsvorwurf zurück und fordert Reformen
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, wehrt sich gegen Vorwürfe der Verharmlosung und Vertuschung von möglichen sexuellen Übergriffen durch einen Priester. "Ich habe den Täter nicht geschützt. In keiner Weise", sagte der heutige Bischof von Limburg dem Magazin "Stern" (Donnerstag) in Hamburg. In dem zugehörigen Strafverfahren sehne er seit Langem eine Entscheidung herbei. Er hoffe sehr, "dass damit endlich offenkundig wird, was dieser Priester wirklich angerichtet hat, und dass seine Taten geahndet werden können."
Der "Spiegel" hatte in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, Bätzing habe 2015 als Generalvikar in Trier den fraglichen Priester beurlaubt und ihm in einem Brief geschrieben: "Ich bedauere es sehr, dass der Konflikt nunmehr eine solche Eskalation gefunden hat. Mir ist auch bewusst, dass dieser Konflikt insgesamt nicht allein von Ihnen zu verantworten ist." Anschließend habe er Gottes Segen gewünscht.
Priester wurde wegen disziplinarischer Fragen beurlaubt
Bätzing sagte nun im "Stern", der Priester sei damals nicht wegen erwiesener Missbrauchsvorwürfe sondern wegen disziplinarischer Fragen beurlaubt worden: "Man müsste den Brief im Kontext und im Ganzen kennen, dann würde man meine damalige Entscheidung als sehr deutlich, ja hart einordnen können." Gottes Segen zu wünschen drücke auch den Wunsch aus, dass sich ein Mensch ehrlich seiner Verantwortung stelle.
Auf die Frage, ob er nicht seinen Rücktritt als Bischof anbieten müsse, antwortete Bätzing, er habe stets seine Verantwortung gesehen, "alles zu tun, um Missbrauch zu verhindern, rechtskonform zu agieren und Aufarbeitung zu garantieren". Er könne aber nicht die Hand dafür ins Feuer legen, dabei nicht auch Fehler gemacht zu haben. Die Aufarbeitungskommissionen in den Bistümern Trier und Limburg würden auch sein Handeln betrachten: "Deren Ergebnissen stelle ich mich selbstverständlich."
Ackermann: Kirche braucht mehr als einen Missbrauchsbeauftragten
Seit elf Jahren ist Triers Bischof Stephan Ackermann der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz. Jetzt hat er einen Vorstoß unternommen, um diese Aufgabe künftig auf mehr Schultern zu verteilen.
Im Interview drängte Bätzing auch auf umfassende Reformen in der katholischen Kirche – jedoch nicht gegen den Willen des Vatikan. Die derzeitigen Austrittszahlen seien überall alarmierend, sagte er. "Es ist eine Katastrophe", fügte er hinzu. "Die Menschen exkommunizieren uns aus ihrem Leben." Im vergangenen Jahr traten in Deutschland 221.390 Menschen aus der katholischen Kirche aus. Das war die zweithöchste Zahl an Kirchenaustritten aller Zeiten.
Die Kirche müsse neu nachdenken über "kirchliche Sexualmoral, Zölibat, die Rolle der Frau, bis zur Priesterweihe für Frauen", sagte der Konferenzvorsitzende. Zur bereits vor Jahren von Papst Johannes Paul II. verkündeten Festlegung, dass es nicht möglich sei, Frauen zum Priester zu weihen, sagte Bätzing, er könne nicht erkennen, "dass die Argumente, Frauen das Priesteramt vorzuenthalten, wirklich noch im Volke Gottes akzeptiert werden". Als Bischof sei er aber zum Gehorsam gegenüber dem Papst verpflichtet: "Abgesehen davon, dass der Vergleich anmaßend wäre: Ich bin kein Martin Luther, der nur vorangeht und tut, was er in seinem Gewissen für richtig hält, sondern ich will eine Verständigung, in der Kirche und mit der Kirche."
Mit Blick auf den Missbrauchsskandal räumte der DBK-Vorsitzende Versäumnisse ein: "Die Verantwortlichen in der Kirche haben hier Fehler gemacht, da schließe ich mich ausdrücklich ein – gerade was den Blick für die Not und die berechtigten Anliegen der Betroffenen angeht." Die Kirche habe sich vor allem gefragt, wie die Täter möglichst geräuschlos aus dem Verkehr zu ziehen seien und nichts nach außen dringe. (cbr/tmg/KNA)
15.12., 17:30 Uhr: Komplett überarbeitet und ergänzt um weitere Details aus dem Interview.