ZdK-Präsidentin: Vatikan-Verhalten im Fall Müller wirft Fragen auf
Äußerungen von Kardinal Gerhard Ludwig Müller zur Corona-Pandemie werfen aus Sicht der Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, Fragen über das Verhalten des Vatikan auf. "Es geht um die Frage des Tempos, aber vor allem um die inhaltliche Klarheit", sagte sie der "Jüdischen Allgemeinen" (Donnerstag). Wenn Papst Franziskus selbst deutlich mache, "wie sehr ihm an Solidarität und Verantwortung an dieser Stelle in der Pandemie liegt, dann hinterlässt es natürlich Fragen, warum Kardinal Müller sich so äußern kann und der Papst ihn nicht selbst in die Schranken weist." Reden wie der des Kardinals müsse Einhalt geboten werden.
Müller hatte Ende des Jahres Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie kritisiert. Dabei habe er zum Teil Formulierungen mit Anklängen an Verschwörungsideologien benutzt, kritisierten unter anderem mehrere Antisemitismus-Beauftragte, Rabbiner und der Zentralrat der Juden in Deutschland. Auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, widersprach diesen Ansichten.
Froh über Bätzings kritische Äußerungen
Müller sprach unter anderem von Versuchen einer internationalen Elite, die Menschen "gleichzuschalten" und einen "Überwachungsstaat" zu etablieren. Namentlich nannte er den Gründer des Weltwirtschaftsforums, Klaus Schwab, Microsoft-Gründer Bill Gates und den Investor George Soros. Auch verwies er auf Warnungen vor einem sogenannten Great Reset oder Big Reset, also vor angeblichen Eliten-Verschwörungen zum Sturz der Demokratie.
Das ZdK sei froh über Bätzings kritische Äußerungen, betonte Stetter-Karp. "Es ist notwendig, dass eine Distanzierung erfolgt. Papst Franziskus hat ja selbst im November vergangenen Jahres zum Impfen aufgerufen, und insofern stellt sich Kardinal Müller mit seinen Aussagen auch inhaltlich ins Abseits gegenüber dem Papst."
Auch das ZdK sehe die Worte des Kardinals sehr kritisch. "Aus unserer Sicht bedient er Ängste und antisemitische Stereotype. Er hat sich damit argumentativ ins Aus gesetzt." Und: "Wir müssen daher die Frage stellen, ob Kardinal Müller als kirchlicher Richter des höchsten Kirchengerichts am richtigen Platz ist. Das fragen wir auch deshalb, weil das katholische Kirchenrecht auf dem Boden des II. Vatikanums antijüdische Affekte konsequent entfernt hat." (KNA)