Vor dritter Synodalversammlung: Der Druck auf die Delegierten steigt
Es sind kirchenpolitisch turbulente Zeiten, in die die dritte Versammlung des Synodalen Wegs fällt: Genau 14 Tage ist es her, dass das Münchner Missbrauchsgutachten vorgestellt und einen jahrzehntelangen Abgrund an Klerikalismus, Institutionenschutz und Führungsversagen beschrieben und auch prominente Kirchenvertreter belastet hat. Vor zehn Tagen erst haben 125 queere Menschen in der katholischen Kirche im Rahmen der Kampagne "#OutInChurch – für eine Kirche ohne Angst" ihre sexuelle Orientierung und damit verbunden auch ihre Forderungen an die katholische Kirche öffentlich gemacht.
Beide Themen dürften für die Mitglieder des Synodalen Wegs alles andere als neu sein. Das durch den Missbrauchsskandal verloren gegangene Vertrauen vieler Menschen war einer der Auslöser für die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), den Synodalen Weg ins Leben zu rufen. Viele der Forderungen, die die queeren Menschen bei "#OutInChurch" stellen, tauchen in ähnlicher Weise vor allem auch in den Texten aus dem Synodalforum "Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft" auf – und werden am Samstag diskutiert.
"Ich weiß nicht, wie es Sinn machen sollte, hier weiterzumachen"
Neu ist dagegen die Erwartung an die Synodalversammlung, dass endlich verbindliche Beschlüsse gefasst werden. Die Erfurter Dogmatikerin Julia Knop erklärte im Podcast der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen, dass sich bei der bevorstehenden Vollversammlung zeigen werde, ob die Bischöfe hinter dem Reformprojekt der katholischen Kirche in Deutschland stehen. "Ich weiß nicht, wie es Sinn machen sollte, hier weiterzumachen, wenn jetzt Verzögerungstaktiken, Sperrminoritäten oder ein Verstecken hinter Gehorsam und römischen Vorgaben überhandnehmen", sagte Knop, die selbst als Synodale mitwirken wird. In einem Offenen Brief sprachen zuvor 25 katholische Reformgruppen und Verbände bereits ihren Dank für die Erarbeitung der "entscheidenden Texte" der Synodalforen aus. "Jetzt erwarten wir von den Teilnehmenden der 3. Synodalversammlung, diese wegweisenden Vorlagen mit eindeutigen Mehrheiten zu beschließen, sodass sie auch vom Vatikan wahrgenommen und akzeptiert werden."
Und tatsächlich könnten ab Donnerstag erste Texte beschlossen werden. Die Satzung des Synodalen Wegs sieht für jede Vorlage mindestens zwei Lesungen vor. Beim Orientierungstext des Präsidiums, dem Grundtext des Synodalforums "Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag" sowie dem Handlungstext "Einbeziehung der Gläubigen in die Bestellung des Diözesanbischofs" steht diese zweite Lesung bei der jetzigen Synodalversammlung auf der Tagesordnung. Wenn einer dieser Texte zu einer Beschlussfassung kommt – und nicht eine dritte Lesung beantragt wird – ist neben einer Zweidrittelmehrheit der gesamten Synodalversammlung, die sich bei den bisherigen Voten weitgehend für Reformen ausgesprochen hat, auch eine Zweidrittelmehrheit der Bischöfe erforderlich. Die Stimmen der Bischöfe werden dann als Gruppe ausgewertet – und für alle erkennbar angegeben.
Dann wird sich auch zeigen, ob es unter den Bischöfen eine Sperrminorität von mehr als einem Drittel gibt, die die erarbeiteten Vorschläge kippen und Reformen damit blockieren könnten. Die Sorge hiervor spielte schon bei der zweiten Synodalversammlung eine Rolle, als unter anderem die Frage diskutiert wurde, ob Bischofsstimmen bei den Abstimmungen zu den Handlungstexten des Machtforums gesondert angezeigt werden sollten. Mehrere Mitglieder des Forums, das sich mit Gewaltenteilung in der Kirche befasst, hatten darauf hingewiesen, dass es für ihre Arbeit besonders wichtig sei zu wissen, wie die Bischöfe zu ihren Texten stünden. Diese gesonderte Abstimmung war im Herbst vergangenen Jahres schon allein aus technischen Gründen nicht möglich. Bei der dritten Synodalversammlung wird das nun anders sein.
"Ich bin überzeugt, dass wir diesen Weg gehen können"
Geleitet wird die kommende Plenarsitzung des Synodalen Wegs dann erstmal von zwei neuen Präsidiumsmitgliedern: Irme Stetter-Karp und Thomas Söding, die bei der Vollversammlung des ZdK im vergangenen November als Präsidentin beziehungsweise Vizepräsident gewählt wurden und damit automatisch auch Präsidentin und Vizepräsident des Synodalen Weg sind. Sie folgen auf Thomas Sternberg und Karin Kortmann, die sich im Herbst emotional aus dem Präsidium verabschiedet haben, dem Synodalen Weg als Mitglieder der Synodalversammlung aber weiterhin erhalten bleiben. Nach dem Wechsel an der Spitze der Deutschen Bischofskonferenz im März 2020 ist vom ursprünglichen Synodalpräsidium damit nur noch der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode übrig.
Irme Stetter-Karp, die wie Söding bereits zuvor Mitglied der Synodalversammlung war, hat schon bei ihrer Vorstellung als ZdK-Präsidentin betont, wie unerlässlich der Prozess aus ihrer Sicht ist, um einen 50-jährigen Reformstau zu überwinden. Sie wolle "leidenschaftlich für Reformen kämpfen". In einem gemeinsamen Interview mit Bischof Georg Bätzing legte sie im Hinblick auf die dritte Synodalversammlung nach: Sie verstehe die dramatische Lage der katholischen Kirche so, "dass es umso mehr notwendig ist, gemeinsam einen Weg zu suchen. Ich bin überzeugt, dass wir diesen Weg gehen können", so Stetter-Karp. Sie sei keine Freundin davon, beim Gehen schon die Grenzen des Wegs zu markieren. "Ich habe das Zutrauen, dass wir gemeinsame Beschlüsse finden", ergänzte die promovierte Sozialwissenschaftlerin. "Und wenn wir in eine kritische Situation kommen, müssen wir so gelassen sein, das anzunehmen."
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Diese Gelassenheit dürfte auch bei den bis Samstag andauernden Beratungen gefragt sein, denn das Arbeitspensum für die rund 230 Synodalen, von denen trotz Corona-Pandemie ein Großteil persönlich nach Frankfurt reisen will, ist erneut ambitioniert: 13 Textvorlagen sollen in erster oder zweiter Lesung diskutiert, Änderungsvorschläge erörtert und am Ende abgestimmt werden. Gerade die Handlungstexte aus den vier Synodalforen schlagen weitreichende Änderungen bei der Bischofswahl, dem priesterlichen Zölibat, dem Diakonat der Frau, der lehramtlichen Bewertung von Homosexualität oder die Segensfeiern für Paare vor, die kirchlich nicht heiraten können.
"Wir haben nicht unser ganzes Arbeitspensum geschafft"
Abgestimmt wird bereits am Donnerstag auch über den Handlungstext "Rahmenordnung für Rechenschaftslegung" des Macht-Forums, der bei der zweiten Plenarsitzung des Synodalen Wegs bereits vorgestellt wurde, dessen Beratungen aber aufgrund der Beschlussunfähigkeit ein chaotisches und abruptes Ende gefunden hatten. Die Überprüfung der Beschlussfähigkeit veranlasst hatte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Georg Bätzing.
Er habe nicht zu hoffen gewagt, dass so viel erreicht werden würde, resümierte der Bischof am letzten Tag der zweiten Synodalversammlung. "Wir haben nicht unser ganzes Arbeitspensum geschafft, aber das hing nicht am Eifer der Anwesenden." Dieser Eifer wird auch in den kommenden Tagen erforderlich sein, damit am Ende der dritten Synodalversammlung auf die Hoffnungen und Erwartungen der Katholikinnen und Katholiken erste konkrete Beschlüsse folgen können.