Nicht Worte schaffen Wirklichkeiten, sondern Taten
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Die dritte Vollversammlung des Synodalen Weges ist Geschichte. Die Reaktionen sind ebenso erwartbar wie die Vorhersagen: Die einen sehen in allem nur ein Beteiligungsplacebo und ein Täuschungsmanöver, die anderen erhoffen Aufbruch und Reform. Ein Drittes zwischen Zynismus und Euphorie scheint kaum gegeben. Dabei ist auch auf der dritten Vollversammlung noch nichts passiert, was nicht schon seit der Würzburger Synode im Jahr 1975 erwartet wird: Bitte um Abschaffung des Zölibates, Bitte um Zulassung von Frauen zum Amt, Bitte der Mitsprache des Volkes Gottes bei der Bischofswahl. Drei Jahre vor dem goldenen Bittjubiläum soll nun also der Durchbruch erzielt worden sein. Tatsächlich haben wohl mehr als Zweidrittel der Bischöfe den Appellen zugestimmt.
Nun ändern Bittgesuche selbst noch rein gar nichts: sie bitten bloß, dass sich endlich etwas ändert. Dass Bischöfe, die unter dem Eindruck des Münchener Gutachtens und der offenkundig imponierenden Initiative #Outinchurch wortreich bekunden, es müsse sich endlich etwas ändern, dem zustimmen können, ist sicher noch nicht revolutionär. Schließlich muss die Bitte erst mal nach Rom geschickt, dort bearbeitet und – so hofft man – auch beantwortet werden. Let’s do the time warp again!
Der Soziologe Javier Auyero sieht in einem solchen Verhalten eine Strategie, eine "Tempographie der Herrschaft", die über eine "Politik des Wartens" die zu regierende Herde in Schach halte. Solange die Bittstellung noch nicht abschlägig beantwortet ist, arbeitet die Zeit. So gesehen ist auch das nichts anderes als eine Demütigungsstrategie, die die bestehenden Machtverhältnisse betoniert. Haben also die Zyniker letzten Endes doch Recht?
Die Reaktionen vieler Bischöfe auf das Münchener Gutachten zeigt eine Schneise der Betroffenheit. Bilden sich nun Risse im Beton? Vielleicht ist das jetzt doch der Kairos, an dem sich etwas ändert. Wer als Bischof sagt, es müsse sich etwas ändern, sollte vom Konjunktiv in den Indikativ wechseln und sagen: Ich ändere jetzt etwas. Wer so redet, muss es dann auch tun, will er nicht als Heuchler dastehen. Wer jetzt wieder das Gehorsamsargument ins Feld führt, der sei an das Beispiel der Witwe aus dem Lukasevangelium erinnert, die immer und immer wieder zu ihm kommt und ihr Recht eben nicht erbittet, sondern einfordert – und zwar so lange, bis sie ihr Recht bekommt! (vgl. Lk 18,1-8) Das – wenigstens das könnten die Bischöfe tun: Immer und immer wieder nach Rom gehen – bis sich etwas ändert!
Nicht Worte schaffen Wirklichkeiten, sondern Taten. Eines nämlich wird immer deutlicher: Wenn die Bischöfe nicht handeln, handelt das Volk. Die Menschen sind es satt zu warten. Sie sind längst aufgebrochen und gehen – viele von ihnen sogar wegen des Glaubens …
Der Autor
Dr. Werner Kleine ist Pastoralreferent im Erzbistum Köln und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal.Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.