Bischof Fürst lehnt Lockerungen bei Zölibat ab – Reformen mit Augenmaß
Der Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, hat sich gegen Lockerungen beim Zölibat in der katholischen Kirche ausgesprochen. "Jeder, der Priester wird, weiß, dass er ehelos bleibt", sagte Fürst in einem Interview der "Heilbronner Stimme" (Dienstag). Das habe nichts mit Zwängen, Leibfeindlichkeit, Diskriminierung von Ehe und Familie oder Sexualität zu tun, sondern geschehe "um des Himmelsreiches willen".
Auch die Möglichkeit einer freiwilligen Entscheidung lehnt der Bischof nach eigenen Worten ab. "Wenn man für die Ehelosigkeit, gerade in Zeiten wie diesen, keine institutionelle Stützung hat, geht sie uns ganz verloren", sagte er. "Deshalb bin ich dafür, dass wir die Ehelosigkeit der Priester nicht aufgeben." Zusammenhänge zwischen Missbrauch und Zölibat sieht Fürst nicht. Dafür gebe es keinerlei wissenschaftliche Beweise.
Zugleich plädierte Fürst für Reformen in der Kirche, fügte aber hinzu: "Wir dürfen keinen Sonderweg gehen, sonst wären wir eine Sonderkirche." Allerdings habe Papst Franziskus selber einen weltweiten synodalen Prozess angestoßen. "Dem fühle ich mich auch verpflichtet", so Fürst. Die katholische Kirche in Deutschland diskutiert seit gut zwei Jahren im Rahmen des Synodalen Wegs über mögliche Änderungen in Lehre und Praxis.
Kritik an Benedikt XVI.
Konkret warb Fürst für eine stärkere Rolle von Frauen in der Kirche. "Wir haben viele Frauen, die predigen, die Wortgottesfeiern leiten, die Kommunion austeilen. Ich erwarte, dass wir nun Diakoninnen weihen", so der Bischof. "Dafür werde ich mich weiterhin einsetzen." Zügige Fortschritte erwartet Fürst bei Lockerungen im kirchlichen Arbeitsrecht. Man sei schön länger daran, die Bestimmungen so zu modifizieren, dass Diskriminierung von queeren Menschen nicht mehr stattfinde.
Kritik übte der Bischof am emeritierten Papst Benedikt XVI. Als "sehr unglücklich" und "unverantwortlich" bezeichnete Fürst die Rolle, die der frühere Pontifex in der jüngsten Debatte um die Missbrauchsaufarbeitung spielte. "Er hat sich sehr schweren Schaden zugefügt, unserer Kirche insgesamt auch." Ob dieser Schaden repariert werden könne, sei die Frage. "Inzwischen hat er sich entschuldigt, immerhin etwas." Auf die Frage, ob man Benedikt XVI. seinen Titel aberkennen sollte, antwortete der Bischof: "Nun, er ist nicht mehr Papst, er ist offiziell zwar der Emeritus, aber bei der Verabschiedung hat er selber gesagt, dass er nun der Pilger Benedikt ist. So sehe ich ihn."
Benedikt XVI. hatte sich in einem in der vergangenen Woche veröffentlichten Brief erneut zum Münchner Missbrauchsgutachten geäußert. Darin entschuldigte er sich bei den Betroffenen und drückte seine "tiefe Scham" und seinen "großen Schmerz" aus. Zugleich wehrte sich der frühere Papst gegen den Vorwurf, als Erzbischof von München (1977-1982) Missbrauchsfälle aktiv vertuscht zu haben. (tmg/epd/KNA)