Strukturelle und spirituelle Erneuerung sei Gebot der Stunde

Bischof Fürst: Kirche ist in ihrer Existenz gefährdet

Veröffentlicht am 05.03.2022 um 18:00 Uhr – Lesedauer: 

Rottenburg ‐ Zur österlichen Bußzeit schreibt Bischof Gebhard Fürst in seinem Hirtenbrief von der Erneuerung der Kirche, die sich in einer "erschütternden Krise" befinde. Im Hinblick auf den Synodalen Weg hat Fürst dabei schon konkrete Vorstellungen.

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Der Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, sieht die Kirche "in ihrer Existenz gefährdet" und ruft daher zu Reformen auf. "Eine Erneuerung der Kirche in ihren Strukturen, aber auch eine geistliche Erneuerung in unseren Herzen von Jesus Christus und seinem Evangelium her, ist das Gebot dieser bitteren Stunden, die wir erleben", schreibt Fürst in einem Hirtenbrief zur österlichen Bußzeit, der im aktuellen Amtsblatt der Diözese Rottenburg-Stuttgart veröffentlicht wurde.

Fürst beklagt darin eine "erschütternde Krise unserer Kirche". Immer wieder kämen Skandale im Zusammenhang mit Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch kirchliche Beschäftigte ans Licht. Im Zusammenhang damit würden auch andere systemimmanente Probleme der Kirche deutlich, wie etwa der Machtmissbrauch, die Verweigerung einer Erneuerung der Kirche, die fehlende Wertschätzung für Menschen in ihren jeweiligen Lebenssituationen oder die Unfähigkeit, Probleme zukunftsorientiert anzugehen.

Bischof Fürst will sich Verantwortung stellen

Zahlreiche Menschen würden aufgrund des Machtmissbrauchs derzeit aus der Kirche austreten. "Vertuschung, Ausgrenzung und Lieblosigkeit, jegliche Art von Missbrauch haben in einer Kirche, die sich der Botschaft Jesu Christi und seinem Evangelium verbunden weiß, keinen Platz", so Fürst. Das Heil der Menschen, das Gelingen ihres Lebens und die Erfahrung der liebenden Nähe Gottes seien der Auftrag aller in der Kirche. "Wenn wir in der Nachfolge Jesu Christi diese seine Botschaft nicht mehr glaubwürdig leben können – zum Heil all unserer Mitmenschen – dann haben wir das, was Christsein im Kern ausmacht, verspielt."

Er stelle sich als Bischof der Verantwortung und wolle sich zusammen mit den Gläubigen für eine nachhaltige Erneuerung der Kirche einsetzen.  Fürst äußerte auch Verständnis dafür, dass viele ungeduldig auf positive Ergebnisse des Synodalen Wegs warten würden. "Die intensiven Beratungen des Synodalen Weges dürfen nicht folgenlos bleiben", so der Bischof. Die Mitwirkung von Laien in der Kirche müsse gestärkt werden und auch Frauen sollten sich viel stärker als bisher in der Kirche einbringen können, "in Führungspositionen und im Amt der Diakonin", so Fürst. Zudem müsse es Formen und Zeichen geben, mit denen alle Menschen spüren könnten, dass sie von Gott und der Kirche angenommen würden – "in ihrer leib-seelischen Identität, ihrer sexuellen Orientierung und in ihrer Liebe füreinander".

In einem Interview hatte Fürst sich in der vergangenen Woche bereits für Reformen mit Augenmaß ausgesprochen. "Wir dürfen keinen Sonderweg gehen, sonst wären wir eine Sonderkirche", so der Bischof. Dabei warb er konkret für eine stärkere Rolle von Frauen in der Kirche. Viele würden bereits predigen, Wortgottesdienste leiten oder die Kommunion austeilen. "Ich erwarte, dass wir nun Diakoninnen weihen", sagte er. Lockerungen beim Zölibat für Priester lehnte er dagegen ab. (cbr)