Rückkehr und Rücktrittsangebot Woelkis: Wunsch nach Papst-Entscheidung
Nach der Rückkehr von Kardinal Rainer Maria Woelki als Erzbischof von Köln und seinem angebotenen Amtsverzicht sind die Reaktionen vor allem von dem Wunsch nach einer schnellen Entscheidung geprägt. Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, begrüßte das Rücktrittsgesuch des Kölner Erzbischofs. "Ich sehe keine Basis für einen Neuanfang und würde mir wünschen, dass Papst Franziskus den Ernst der Lage erkennt und so schnell als möglich auf die Bereitschaft des Kardinals zum Rücktritt reagiert", sagte sie dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (online). "Damit bestünde die Chance, dass in der Erzdiözese der Versuch gemacht werden kann, endlich wieder Vertrauen aufzubauen."
Die Vertretung der katholischen Laien im Erzbistum erwartet nach der Rückkehr des Kardinals "weiterhin eine Zeit der Ungewissheit". Über den vom Erzbischof angebotenen Rücktritt hätte bereits in seiner fünfmonatigen Auszeit entschieden werden können, sagte der Vorsitzende des Diözesanrats, Tim Kurzbach, am Mittwoch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Köln. "Der Papst ist jetzt in einer hohen Verantwortung, ob dieses Bistum in eine Kernschmelze geht oder nicht."
Keines der Probleme sei gelöst, sagte Kurzbach und verwies auf die massive Vertrauenskrise sowie die Spitzenzahl von Kirchenaustritten, für die Woelki persönlich Verantwortung trage. Dazu äußere sich der Kardinal nicht, kritisierte der Vorsitzende. Die Ankündigung von Gesprächen lösten noch kein Problem. Im Erzbistum gebe es weiterhin "eine völlig diffuse Situation".
Weitere Zeit der Unklarheit weder Gläubigen noch Woelki zumutbar
Der Kölner Stadtdechant Robert Kleine begrüßte in einer Stellungnahme die "ins Wort gebrachte Wahrnehmung der Realität in unserem Erzbistum" von Kardinal Woelki. So schreibe der Erzbischof von seiner Erkenntnis, dass er persönlich Anteil an der aktuellen Glaubwürdigkeits- und Vertrauenskrise in der Erzdiözese habe, dass es bei vielen Gläubigen Verletzungen, Entmutigung oder Verzweiflung an der Kirche gebe und dass in der Vergangenheit nicht immer offen, ehrlich und angstfrei miteinander gesprochen wurde. Dies "ist deckungsgleich mit der Wahrnehmung vieler Gläubiger und Gremien im Stadtdekanat Köln", so Kleine.
Die kommunikativen Fehler, die Anlass für die Auszeit Woelkis gewesen waren, bestünden seiner Ansicht nach auch in zu weinig Teilhabe an Entscheidungsprozessen, mangelnder Transparenz und ungenügender Dialogbereitschaft mit Gremien und Einzelnen, teilte der Stadtdechant mit. "Ich begrüße daher den Willen des Erzbischofs, in einen neuen Dialog mit den Gläubigen in unserem Erzbistum einzutreten, indem er vor allem zuhören möchte: der Enttäuschung, dem Ärger, den Vorwürfen, den Erwartungen und Wünschen, aber auch dem Zuspruch und guten Ideen." Eine "Haltung innerer Freiheit" und ein "neuer Blick" hätten Woelki dazu geführt, dem Papst seinen Amtsverzicht anzubieten. "Ich zolle Kardinal Woelki Respekt für diesen Schritt und hoffe nun, dass Papst Franziskus zeitnah eine Entscheidung trifft, ob er den Rücktritt annimmt oder nicht", so Kleine. "Denn eine weitere Zeit der Unklarheit, wie es im Erzbistum Köln weitergeht, ist weder den Gläubigen noch Kardinal Woelki zuzumuten."
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Der Kölner Diözesanverband des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) begrüßte das Rücktrittsangebot. "Es bietet in einer festgefahrenen Situation die Chance für einen Neubeginn", heißt es in einer Pressemitteilung am Mittwoch. Gleichzeitig erwarte der Verband, dass Papst Franziskus das Rücktrittsangebot auch annehme. Das Vertrauen in die Bistumsleitung sei durch den Umgang mit Betroffenen sexualisierter Gewalt und die in vielen Fällen misslungene Aufarbeitung nachhaltig gestört. Nur deutliche und konkrete Veränderungen hätten die Chance, die Krise im Erzbistum Köln zu beheben. Man wolle das Angebot Woelkis, die Begegnung mit möglichst vielen zu suchen, gerne annehmen, um im direkten Gespräch die Erwartungen auszutauschen, so der BDKJ.
Der Bonner Stadtdechant Wolfgang Picken sieht den angebotenen Amtsverzicht Woelkis als einen Hinweis darauf, "dass Kardinal Woelki in seiner Auszeit realisiert hat, dass sein Verweilen im Amt zur Belastung für das Erzbistum Köln werden könnte", teilte das Stadtdekanat am Mittwoch mit. Die Entscheidung des Kardinals verdiene Anerkennung und Respekt. "Das Erzbistum Köln befindet sich jetzt in einem Dilemma. Einerseits fällt es aus christlicher Perspektive schwer, dem Kardinal die erbetene Chance auszuschlagen. Andererseits ist jedem klar, dass die Aussichten für eine gute Entwicklung nicht günstig erscheinen, weil die Fronten sehr verhärtet sind. Auch braucht es gegenwärtig Führungsstärke und Leitung, um wichtige Strukturfragen und Probleme im Erzbistum zu lösen", so Picken.
"Man kann nur beten, dass das, was heute beginnt, zu guten Ergebnissen führt"
Es sei fraglich, ob Klerus und Gläubige bereit seien, sich auf einen solchen Prozess einzulassen und oft Kraft und Zeit dafür ausreichten. "Man kann deshalb nur hoffen, dass der Papst bald eine Entscheidung trifft. Das Erzbistum Köln steht jetzt zwischen Rückkehr und Rücktrittsangebot. Es braucht aber Klarheit und Befriedung", so der Stadtdechant. Die vorliegenden Strafanzeigen, weitere Kirchenaustritte und öffentliche Proteste dürften die Lage aber weiter erschweren. "Man muss kein Pessimist sein, um daran zu zweifeln, ob der gemeinsame Weg des Kardinals mit seinem Erzbistum gelingen kann." In jedem Fall stehe das Erzbistum Köln vor großen Herausforderungen und schwierigen Wochen. "Man kann nur beten, dass das, was heute beginnt, zu guten Ergebnissen führt", so Picken.
Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode beurteilte die Lage im Erzbistum Köln weiterhin als schwierig. Es gehe nicht mehr nur um den Umgang mit Aufarbeitung, sondern vielmehr um den gesamten Leitungsstil, sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "In Köln ist Vertrauen gebrochen vom Domkapitel bis zum Kirchenvolk." Es gehe nicht mehr nur um den Umgang mit Missbrauchsaufarbeitung, sondern vielmehr um den gesamten Leitungsstil. "Das hat ja sogar der Papst benannt." Nach Einschätzung des Münsteraner Kirchenrechtlers Thomas Schüller ist Woelki jetzt ein "Erzbischof auf Abruf". Der Papst werde abwarten, wie der Erzbischof mit den Gläubigen zurechtkomme, sagte er der "Kölnischen Rundschau".
Die Initiative "Wir sind Kirche" bewertet das Rücktrittsangebot des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki als "richtigen, längst überfälligen Schritt". Doch müsse diesem bald die Annahme Roms folgen, forderte die Organisation am Mittwoch in München. Andernfalls würde Woelki ein Erzbischof auf Abruf bleiben, mit negativsten Folgen weit über das Kölner Erzbistum hinaus. Für die Entscheidung Roms trage vor allem Kardinal Marc Ouellet die Verantwortung, den noch Papst Benedikt XVI. im Jahr 2010 zum Präfekten der Bischofskongregation berufen habe. Woelki habe zu Recht erkannt, dass er das Vertrauen eines übergroßen Teils der Gremien und des Kirchenvolkes verloren habe, das für die Leitung einer Diözese unabdingbar sei, heißt es in der Stellungnahme. Das Kölner Erzbistum brauche jetzt endlich einen klaren Neuanfang mit Mediation und einem transparenten Beteiligungsverfahren bei der Bischofsbestellung, wie es der Synodale Weg formuliert habe.
Unterstützer der kirchlichen Reforminitiative "Maria 2.0" hatten bereits am Mittwoch auf der Kölner Domplatte gegen die Rückkehr des Erzbischofs demonstriert. Die Veranstalter sprachen von 300 Teilnehmenden, laut Polizei waren es rund 150. Sie hielten Plakate mit Aufschriften wie "Weg vom Dom, Woelki geh nach Rom". Als sich die Nachricht vom Rücktrittsangebot herumsprach, ging ein Jubel durch die Menge. Sie hoffe, der Papst nehme den Rücktritt auch an, sagte die Sprecherin von "Maria 2.0" Rheinland, Maria Mesrian, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Es gehe aber nicht nur um die Person Woelki. Mit Blick auf Querelen um die Missbrauchsaufarbeitung sagte sie: "Es gibt dahinter mächtige Strippenzieher und Mit-Vertuscher, die genauso Schuld haben, dass wir hier in dieser Situation sind." Mesrian forderte die Gläubigen auf, der "Machtelite" in der Kirche die Gefolgschaft zu verweigern, "weil wir sehen, dass sie Schaden anrichtet".
Verunsicherung, Unverständnis, Misstrauen
Neben den Woelki-Kritikern demonstrierten auch Unterstützer vor dem Kölner Dom. Rund 20 Menschen hielten weiße Rosen in den Händen und beteten den Rosenkranz. Als die Nachricht vom Rücktrittsangebot kam, verließen sie die Domplatte.
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki war am Mittwoch aus einer gut fünfmonatigen Auszeit als Erzbischof von Köln zurückkehrt. Während seiner Auszeit, die auch eine Zeit des Gebets und der Exerzitien gewesen sei, habe Woelki Papst Franziskus seinen Amtsverzicht angeboten, teilte die Erzdiözese ebenfalls am Mittwoch mit. Der Papst werde darüber zu gegebener Zeit entscheiden. Im Hirtenbrief zeigte Woelki Verständnis für die Reaktionen im Erzbistum. "Mir ist klar, dass sich für viele von Ihnen damit auch ganz unterschiedliche Gefühle verbinden: Verunsicherung, Unverständnis, Misstrauen bis hin zur Ablehnung meiner Person sowie einer gewissen Sorge im Hinblick darauf, wie es bei uns im Erzbistum weitergehen wird", so der Kardinal. Es tue ihm leid, dass diese Zeit "für viele Menschen in unserer Kirche eine so belastete Zeit" sei. Er wisse und es schmerze ihn, dass auch er für diese Situation Verantwortung trage. Während seiner Auszeit habe er sein Handeln und die Situation im Erzbistum intensiv "reflektiert und meditiert". (cbr/epd/KNA)
02.03.22, 17.20 Uhr: ergänzt um Reaktion von "Wir sind Kirche"