Steuerzahlerbund für Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen
Das Deutsche Steuerzahlerinstitut (DSi) plädiert für eine baldige Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen. "Die jährlich steigenden Staatsleistungen belasten die Länderhaushalte und damit den Steuerzahler", heißt es zur Begründung in einem aktuellen Rundschreiben des finanzwissenschaftlichen Instituts des Bundes der Steuerzahler (BdSt). Hinzu komme, dass die Zahlungsverpflichtungen der Bundesländer an die Kirchen aus Ereignissen herrührten, die mehr als 200 Jahre zurücklägen, und die Relevanz der Kirchen "allein schon gemessen an den vermehrten Kirchenaustritten" und rückläufigen Beitritten abnehme.
Das DSi fordert die Bundesregierung in dem Rundschreiben dazu auf, die Initiative für den Gesetzgebungsprozess zur Ablösung der Staatsleistungen zu ergreifen und diesen Prozess "dann in enger Abstimmung und im Einvernehmen mit den Kirchen durchzuführen". Die frühzeitige, enge Abstimmung mit den Kirchen sei notwendig, da ihnen das weiterhin gültige Reichskonkordat von 1933 prinzipiell eine Veto-Spieler-Position einräume. Inwiefern auch die Bundesländer, die die konkrete Ablösung letztlich mit den Kirchen verhandeln und die entsprechenden Zahlungen leisten müssten, von Anfang an mit am Verhandlungstisch sitzen sollten, solle Gegenstand entsprechender Aushandlungsprozesse sein.
Institut schlägt Einmalzahlung von fünf Milliarden Euro vor
Das Institut spricht sich weiter dafür aus, als Bemessungsgrundlage für die Ablösung das 9,3-fache der aktuellen Jahreszahlungen anzusetzen. Dies entspräche laut dem DSi einer Einmalzahlung an die Kirchen von rund fünf Milliarden Euro. In einem gemeinsamen Gesetzentwurf hatten FDP, Grüne und Linke im Bundestag in der vergangenen Legislaturperiode vorgeschlagen, das 18,6-fache der Staatsleistungen im Jahr 2020 als Ablösebetrag anzusetzen. Der Entwurf hatte im Parlament jedoch keine Mehrheit gefunden. 2021 beliefen sich die Staatsleistungen auf rund 590 Millionen Euro; 60 Prozent davon entfielen auf die evangelische, 40 Prozent auf die katholische Kirche.
Mit Blick auf eine mögliche Ablösung warnt das DSi die Bundesländer zugleich vor der Aufnahme neuer Schulden. Die Länder hätten die Möglichkeit, Ablösungen in Jahresraten zu vereinbaren. Dadurch sei es grundsätzlich möglich, die Raten aus dem laufenden Haushalt und damit unter Einhaltung bestehender Schuldenbremsen zu finanzieren. Zugleich betont das Steuerzahlerinstitut, dass es lediglich um die Erfüllung des Verfassungsauftrags zur Ablösung der Staatsleistungen gehe und nicht darum, "den Kirchen sämtliche Einnahmequellen zu entziehen und so ihre finanzielle Basis für ihre grundsätzlich gemeinwohlorientiere Aufgabe erodieren zu lassen". Dies werde in der öffentlichen Debatte selten klar kommuniziert.
Deutsche Verfassungen fordern die Ablösung seit mehr als 100 Jahren
Seit mehr als 100 Jahren fordern deutsche Verfassungen eine Ablösung der historisch bedingten Zahlungen der Bundesländer an die Kirchen. Die Zahlungen, die die Kirchen zusätzlich zu den Kirchensteuern ihrer Mitglieder erhalten, gehen meist auf das Jahr 1803 zurück. Damals wurden zahlreiche Kirchengüter auf der rechten Rheinseite enteignet und verstaatlicht. Nutznießer waren deutsche Reichsfürsten, die damit für Gebietsverluste an Frankreich auf der linken Rheinseite entschädigt wurden. Sie verpflichteten sich wiederum, den Kirchen regelmäßige Unterhaltszahlungen zu leisten, damit diese weiter ihre Aufgaben erfüllen konnten.
1919 bestimmte dann die Weimarer Reichsverfassung, dass diese Leistungen abzulösen sind; das Grundgesetz übernahm 1949 diese Verpflichtung. Demnach muss der Bund ein Grundsätzegesetz erlassen, um Rahmenbedingungen für Vereinbarungen zwischen den Bundesländern und den Kirchen zu schaffen. In ihrem Koalitionsvertrag haben SPD, Grüne und FDP angekündigt, "in einem Grundsätzegesetz im Dialog mit den Ländern und den Kirchen" einen "fairen Rahmen für die Ablösung der Staatsleistungen" schaffen zu wollen. Derzeit arbeitet das Bundesinnenministerium an einem Zeitplan für die Vorlage eines entsprechenden Gesetzentwurfes. (stz)