Missbrauchsfall U.: Rund 30 Anzeigen gegen Kölner Kirchenvertreter
Nach der Verurteilung des Priesters U. wegen sexuellen Missbrauchs in 110 Fällen sind Strafanzeigen gegen Verantwortliche des Erzbistums Köln eingegangen. Die mittlerweile mehr als 30 Anzeigen kämen aus ganz Deutschland und hätten einen ähnlichen Wortlaut, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Köln, Ulrich Bremer, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Montag und bestätigte einen Bericht des "Kölner Stadt-Anzeigers". Die Anzeigen lauteten unter anderem auf fahrlässige Körperverletzung und Beihilfe zum Missbrauch. Die Staatsanwaltschaft prüfe nun, ob sie Ermittlungen aufnehme.
Bereits vor einigen Wochen war bekannt geworden, dass der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki und weitere kirchliche Amtsträger im Zusammenhang mit dem Fall U. angezeigt wurden. Unter anderem teilte dies der Bremer Katholik und Gründer der Initiative "Katholischer Klartext", Carl Kau, mit. Die Verantwortungsträger hätten viele Jahre zu wenig gegen Missbrauch getan. Dabei hätten sie seiner Ansicht nach Taten verhindern können.
Prominente Zeugen
Ende Februar hatte das Landgericht Köln den 70 Jahre alten Priester U. zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Die Zweite Große Strafkammer befand ihn für schuldig, sich zwischen 1993 und Januar 2018 an neun Mädchen vergangen zu haben. Als Zeugen sagten in dem Prozess auch prominente Kirchenvertreter wie der heutige Hamburger Erzbischof und frühere Personalchef des Erzbistums Köln, Stefan Heße, sowie der ehemalige oberste Kölner Kirchenrichter, Günter Assenmacher, aus. Beide hatten in den Jahren 2010 und 2011 mit U. zu tun, als eine erste Anzeige wegen Missbrauchs gegen den Geistlichen vorlag. U.s Verteidiger legte Revision ein.
In der mündlichen Urteilsbegründung hatte das Gericht von Versäumnissen der Bistumsleitung bei der Aufklärung von Verdachtsmomenten gegen U. und der Kontrolle des Täters gesprochen. Erst 2019 untersagte ihm das Erzbistum endgültig die Ausübung priesterlicher Dienste. Gegen das Verbot soll U. verstoßen haben. Mehrere Betroffene lernte er im Zuge seiner Tätigkeit als Seelsorger kennen. (tmg/KNA)