Oster: Benedikt XVI. will weiter "Mitarbeiter der Wahrheit" sein
Der Passauer Bischof Stefan Oster ist davon überzeugt, dass der emeritierte Papst Benedikt XVI. gemäß dessen Wahlspruch nach wie vor "wirklich ein Mitarbeiter der Wahrheit" sein will. Es sei nicht, wie bisweilen behauptet werde, eine "so genannte Ratzinger-Kirche" gewesen, die Vertuschung in Bezug auf Missbrauch erst ermöglicht habe, sagte Oster am Abend des Ostersonntags in Marktl am Inn. Vielmehr habe die Kirche unter der Leitungsverantwortung von Joseph Ratzinger zum ersten Mal systematisch und "ganz massiv" sich so zu verändern begonnen, dass Betroffene in den Blick gekommen und das effektive Maßnahmen ergriffen worden seien, die Missbrauch möglichst verhindern.
Die Geschichte werde einmal zeigen, dass zu dieser Veränderung sehr entscheidende Impulse von Ratzinger ausgegangen seien, betonte der Bischof: "Ich glaube auch, dass diese Veränderung weitergeht und weitergehen muss, um Betroffenen weiter beizustehen und das Schlimme in Zukunft möglichst zu verhindern." Anlass war ein Gottesdienst, den Oster in der Marktler Pfarrkirche Sankt Oswald anlässlich des 95. Geburtstags des emeritierten Papstes Benedikt XVI./Joseph Ratzinger feierte. Er hatte in der Marktgemeinde am 16. April 1927 das Licht der Welt erblickt.
Die allgemeine Krise des Glaubens und der Kirche habe sich durch die Erkenntnisse des Missbrauchs noch einmal dramatisch verschärft, sagte der Bischof. Sie verschärfe sich auch deshalb, weil bitter erkannt worden sei, "wie wenig wir als Institution Kirche die Schwere des Verbrechens, die Schwere seiner Folgen, die Not der Betroffenen von sexuellem Missbrauch gesehen haben oder wie wenig wir sie als Kirche sehen wollten oder auch sehen konnten".
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Natürlich sei auch Ratzinger als Erzbischof von München und Freising (1977-1982) ein Teil des Systems gewesen, so Oster. Dieses habe sich im Ganzen, einschließlich der Verantwortungsträger sowie nahezu aller Gläubigen, dem Problem und den von Missbrauch betroffenen Menschen nicht stellen wollen oder es wohl auch noch nicht gekonnt. Er sei dafür, dass diese Dinge nun klar aufgearbeitet würden, betonte der Bischof. Schließlich habe auch Benedikt XVI. selbst die Fehler der Kirche und seine eigene Verantwortung in einem Brief infolge des im Januar veröffentlichten Münchner Gutachtens benannt.
Durch das Gutachten der Erzdiözese München-Freising zum Umgang mit sexuellem Missbrauch wurde auch Ratzingers Zeit als Münchner Erzbischof kritisch bewertet. Darin wird ihm vorgeworfen, Hinweisen auf mögliche Täter nicht konsequent genug nachgegangen zu sein. In späteren Jahren als Kurienkardinal und Papst hatte er einige wichtige kirchenrechtliche Reformen im Kampf gegen Missbrauch eingeleitet. (KNA)